26.11.2019: Schöner zweifeln
26.11.2019: Dreiklang aus 100 Stimmen
28.12.2017: Weihnachtsjubel
19.12.2017: Bachchor meistert Dvoraks "Neue Welt"
18.04.2017: Mutiger Einsatz für Telemann
18.04.2017: Klänge, die das Wunder fassen wollen
24.11.2016: Ein Königreich in der Erlöserkirche
29.03.2016: Berührende Höchstleistung
24.12.2014: Die Bachs: Wie der Vater so der Sohn
30.09.2014: Furioses Fugato-Finale: Haydns "Die Schöpfung"
20.05.2014: Fulminanter Abschluss
22.04.2014: Hineingleiten ins Leidensgeschehen
18.06.2013: Geheimnisvoll bis dramatisch

18.12.2012: Großer Einsatz, hohes Niveau
27.11.2012: Der Monumentalauftritt
25.11.2012: Monumental, dramatisch und einzigartig
09.06.2012: Stimmgewaltiger Großinquisitor
04.04.2012: Monumentale Meisterleistung
10.01.2012: Von Bach berauscht
20.12.2011: Jauchzen und frohlocken in der Kirche
20.12.2011: Bachs Meisterwerk in einer Version für Kinder
19.12.2011: Die Musik zu Weihnachten
23.11.2011: Man hätte eine Stecknadel fallen hören
12.09.2011: Die Kraft der Liebe
26.04.2011: Faszinierender Abgrund
22.12.2010: Wenn die Erlöserkirche zittert
21.08.2010: Lächelnd im Mondlicht nach Hause
20.08.2010: Sinnenfroh, dramatisch, eigenwillig



26.11.2019, Frankfurter Allgemeine Zeitung

Schöner zweifeln

Janáčeks Glagolitische Messe

BAD HOMBURG. Sechs "Biblische Lieder" aus Dvořáks Opus 99 waren der passende Auftakt zu einem anspruchsvollen Programm in der Bad Homburger Erlöserkirche: Begleitet von Capitol Symphonie Orchester unter der Leitung von Kantorin Susanne Rohn trafen die Altistin Britta Jacobus und der Bass Markus Lemke den insgesamt eher lyrisch leichten, teils freudigen sakralen Ton und das böhmische Idiom der Lieder, ungeachtet der etwas holprig laufenden deutschen Texte. Den heiklen Einstieg in Verdis "Quattro pezzi sacri" mit dem hochliegenden, a cappella gesetzten "Ave Maria" fand der Bachchor der Erlöserkirche in kleinerer Kammerchorbesetzung bei sanfter Tongebung mühelos. Den beiden großen Sätzen mit vollem Chor und Orchester, dem "Stabat Mater" und dem "Te Deum", kam der genau geformte, dunkel gedeckte Verdi-Chorklang mit schönen Legatolinien ohne scharfe Artikulation sehr zugute.

Das für Chöre undankbare, wohl auch daher selten aufgeführte, von der Komposition her aber ungemein starke Hauptwerk des Abends forderte vor allem das erst in der vorigen Saison neu formierte Orchester bis an seine Grenzen: Janáčeks Glagolitische Messe. Die einzigartige kirchslawische Adaption des lateinischen Messe-Ordinariums zog die Zuhörer tief hinein in die Gedankenwelt des genialen, durchaus kirchenkritischen Komponisten, wenngleich das Spiel der Streicher in den fast minimalistisch repetitiven Figuren oft brüchig ausfiel. Die Solisten L'ubica Divulitová (Sporan) und Ralf Simon (Tenor) behaupteten sich mit vollen, großen Stimmen gegen den in seiner gleichgewichtigen Rolle zum Teil massiven Klang des auch ausgiebig allein geforderten Orchesters. Jürgen Banholzer verlieht dem solistisch hervortretenden, sehr avancierten Orgelpart einen gezackten, herben Klang. Der Chor traf die Einsätze zu den vielen kleinen Abschnitten geschlossen und vermittelte besonders im Credo einen starken Eindruck von Janáčeks Glaubenszweifeln.

Guido Holze



26.11.2019, Taunus Zeitung

Dreiklang aus 100 Stimmen
Bachchor präsentiert Dvořák, Verdi und Janáček


Ganz im Zeichen des gesungenen Lobes Gottes stand das Programm des Oratorienkonzerts in der Erlöserkirche. Kantorin Susanne Rohn hatte mit dem Programm musikalische Akzente gesetzt,die den musikalischen Weg von der Romantik zu einer expressiven Moderne weisen.

Von Wolfgang Rüdell

"Herr, o mein Gott, lass ein neues Lied mich dir singen, lass mich lobsingen", hebt Altistin Britta Jacobus deutlich artikulierend mit feiner, klarer Stimme an, musikalisch unterfüttert von dem soliden, glänzenden Klangfundament, das das rund 60-köpfige Offenbacher Capitol Symphonie Orchester legt. Der Auftakt ist geradezu das Programm für die Vertonungen einzelner Psalmverse, die Antonin Dvořák 1894 während seiner Zeit in den USA selbst auswählte, um sie in seinen "Biblischen Liedern" op. 99 für Solostimme und Orchester als sein persönliches religiöses Bekenntnis zu vertonen.

Mit ausdrucksstarker Bassstimme bittet Markus Lemke den Herrn um Gehör: "Hör', o Vater, wie ich dich bitte, neige dich gnädig zu mir." Als sein Glaubensbekenntnis hat Dvořák auch den 23. Psalm vertont, den Britta Jacobus vorträt: "Gott ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln".

Im Gegensatz zum gläubigen Dvořák stand Giuseppe Verdi der Kirche eher fern. Gleichwohl wandte auch er sich der geistlichen Musik zu. Den Zyklus "Vier geistliche Stücke" publizierte er 1897. Das "Ave Maria, gratia plena, Dominus tecum" lässt der 40-köpfige Kammerchor a cappella emporsteigen. Ergreifend, unter die Haut gehend, hebt der Bachchor dann zum "Stabat Mater" an: "Die Mutter stand mit Schmerzen weinend bei dem Kreuz, als ihr Sohn da hing."

Der Chor kann gar nicht anders, als präzise singend den Geist des Stückes zu verstehen, und den Zuhörern zu vermitteln, wenn er den ausdrucksvollen Gesten der Arme und Hände sowie den Körperbewegungen von Dirigentin Susanne Rohn folgt. Währenddessen bauen die Musiker den soliden orchestralen Rahmen.

Das Marienlob "Vergine madre, figlia del tuo Figlio" (Jungfrau Maria, Tochter deines Sohnes) lässt der Frauenchor geradezu schweben durch den goldglänzend überwölbten Kirchenraum. Dann stellt der Chor in hundertfaches "Te Deum" in den Raum.

Dem Panslawismus als Ringen um Identität und Einheit der slawischen Völker stand der Tscheche Leos Janáček aufgeschlossen gegenüber. So griff er auf eine kirchenslawische Textvorlage zurück, als er 1926 seine "Glagolitische Messe" vorlegte. Die Sprache hat ihre Wurzeln im 9. Jahrhundert, als die aus Thessaloniki stammenden Brüder Cyrill und Method das Christentum zu den slawischen Völkern brachten. Mit dieser Komposition führen Chor und Orchester die Zuhörer in eine ungewohnte Klangwelt, die aus der Spätromantik in die Moderne weist. Dabei ließ sich der Komponist auch von Elementen der Folklore und der Melodie der Sprache inspirieren.

Zum Aufschrei wird die von Sopranistin L'ubica Divulitová vorgetragene Bitte: "Gospodi, pomiluj! Christe, pomiluj!" (Herr erbarme dich, Christus erbarme dich). Geradezu ungeduldig bekennen Chor und Tenor Ralf Simon: "Véruju, véruju!" (Ich glaube, ich glaube). Chor, Orchester und Orgel, gepielt von Jürgen Banholzer, steigern das apostolische Glaubensbekenntnis bis zum "Amin, amin". Vor den Klangkaskaden des Chores beschwören Sporan, Tenor, Bass und Alt die Heiligkeit Gottes. Fast expressionistisch leitet ein Orgelsolo über zum Finale des Orchesters.



28.12.2017, Frankfurter Allgemeine Zeitung

Weihnachtsjubel

Oratorienkonzert in der Erlöserkirche Bad Homburg


Immer wieder gelingt es Susanne Rohn, ihr auffallend treues Publikum in der Bad Homburger Erlöserkirche durch phantasievolle Programmgestaltung zu fesseln, wie sie unter anderem mit der Brockes-Passion von Telemann im April bewiesen hatte. Das Weihnachtskonzert, traditionell als Doppelkonzert angelegt, überraschte diesmal zum einen durch die Beschränkung auf drei unterschiedliche Werke eines einzelnen Komponisten, zum anderen dadurch, dass ein Werk zum Mittelstück des Abends wurde, das in Orchesterkonzerten gern als triumphales Finalstück fungiert: Antonín Dvořáks beliebte Sinfonie Nr. 9 „Aus der Neuen Welt“.

Hier konnte das aus Musikern des Frankfurter Symphonieorchesters zusammengestellte Ensemble seine Vertrautheit mit der Akustik der Kirche beweisen, wie die spannungsvolle und kontrastreiche Wiedergabe der vier Sätze zeigte. Zielbewusst arbeitete die agile Dirigentin die dynamischen Höhepunkte, zumal in den Ecksätzen, heraus, mit der Kulmination in der Coda des Finales, welche die Kombination der Hauptthemen grandios entfaltete. Umso deutlicher hoben sich die lyrischen Episoden, so das Thema des Englisch-Horns im Largo, ab. Deutlich, jedoch nie unaufdringlich kamen die zahlreichen Themen-Zitate, die als Klammern der Sätze fungieren, zur Geltung.

Weit weniger geläufig waren die beiden gewichtigen Vokalwerke des Abends. Zumal das festliche „Te Deum“, das Dvořák als Gastgeschenk mit in die neue Welt brachte, ist eine Rarität in den Chorprogrammen. Schuld daran ist gewiss auch sein Einsatz bei politischen Veranstaltungen, die es durch seinen blendenden Stil zu veredeln half. Feinheiten wie die reiche Harmonik drohen darüber unterzugehen.

Feiner gestaltet ist die D-Dur-Messe, die ebenfalls als Auftragswerk entstand und zunächst nur eine Orgel als Instrumentalpartner vorsah. Teile davon blieben in der Orchesterfassung erhalten, so in der Einleitung zum Benedictus. Es war bewundernswert, wie es dem Organisten Hanno Lotz gelang, von der weit entfernten Orgelempore seinen Part in den Gesamtklang zu integrieren. Neben prunkvollen Tutti-Teilen von Chor und Orchester kamen auch die ruhigeren Abschnitte gut zur Geltung, anrührend gelang das „passus et sepultus est“ im Credo. Großen Anteil an den Kontrasten hatte das Quartett der Solisten, das hier stärker als beim „Te Deum“ zum Einsatz kam.

Einig waren sich die Sopranistin Heike Beckmann und die Altistin Britta Jacobus in der intensiven Gestaltung der ausdrucksvollen Soloparts mit dem Tenor Alexander Efanov und dem Bass Markus Flaig, so dass eine bemerkenswert geschlossene Aufführung zustande kam. Dies ist nicht zuletzt auch ein Verdienst des Bach-Chors mit seiner präzisen und dynamisch differenzierten Gestaltung. Was Susanne Rohn, die zudem einen informativen Einführungstext für das Programmheft verfasste, an diesem Abend an unermüdlichem und mitreißendem Einsatz für die Musik leistete, verdient hohe Anerkennung. Gerhard Schroth
 


19.12.2017, Taunus Zeitung

Bachchor meistert Dvořáks "Neue Welt"

Mit seinem Oratorienkonzert in der Erlöserkirche hat der Bad Homburger Bachchor ein musikalisches Glanzlicht zu Weihnachten gesetzt.

Bad Homburg. 

Der Name Antonín Dvoráks (1841–1904) wird meist zuerst mit der Symphonie „Aus der Neuen Welt“ in Verbindung gebracht, gehört seine Symphonie Nr. 9 e-Moll doch zu den meistgespielten Orchesterwerken der Welt. Der gläubige Katholik Dvorák hat aber auch dem Publikum geistliche Werke von glanzvoller Eindrücklichkeit geschenkt, so das Te Deum G-Dur und die Messe D-Dur.

Abstand vom Rummel


Und dieses Geschenk reichte am dritten Advent in der Erlöserkirche der Bachchor unter der Leitung von Kantorin Susanne Rohn und begleitet von einem Symphonieorchester aus Frankfurter Profimusikern dem Bad Homburger Publikum weiter. Handelt es sich hier auch nicht um spezielle Weihnachtsmusik, so gelang es doch, mit dieser wie immer perfekt gelungenen Aufführung Abstand von trivialem Rummel zu schaffen und die festliche Stimmung zu vermitteln, die dem Weihnachtsfest angemessen sind.

Buchstäblich mit Pauken und Trompeten hebt das Te Deum an, dann setzen auch schon der rund 125-köpfige Chor mit seiner ganzen Stimmfülle ein: „Te Deum laudamus“ („Dich, Gott, loben wir“). Geradezu schwebend im Raum erklingt das „Sanctus, sanctus, sanctus“ von Sopranistin Heike Beckmann. Mit „Dominus, Deus, Sabaoth“ erfüllt Mezzosopranistin Britta Jacobus den Kirchenraum, den das goldene Deckenmosaik und der leuchtende Kreuz überglänzen. Der glockenklare hohe Ton russischer Sänger erklingt bei Alexander Efanov. Die reine Stimme von Bassbariton Markus Flaig hat es aber leider mitunter schwer, gegen das Orchester anzukommen. Mit „Laudemus …“ („Lasst uns ihn loben“) erfüllen Chor, Orchester und Solisten den Kirchenraum mit einem ergreifenden Schlusssatz.

Mit vollem Körpereinsatz leitet Kantorin Susanne Rohn die Aufführung. Mit wiegendem Oberkörper, weit ausgebreiteten Armen, mit energisch geführtem Taktstock und differenziertem Fingerspiel der linken Hand übersetzt sie die Partitur in die Anweisungen für Chor, Solisten und Orchester.

„Aus der Neuen Welt“ sendet Antonín Dvorák mit seiner neunten Symphonie seine musikalische Botschaft. Die Größe und Mächtigkeit Amerikas wird eindrücklich ins musikalische Bild gesetzt, gleichwohl klingen wehmütige Erinnerungen an die beschauliche böhmische Heimat immer wieder durch. Bei dieser Symphonie verbindet der Komponist, der drei Jahre in den USA (1892–1895) verbrachte, um die dortigen Musiker bei der Entwicklung einer amerikanischen Musik zu fördern, Einflüsse böhmischer Volksmusik mit Elementen von indianischer Musik.
 

Mit einem Riesenapplaus bedankt sich das Publikum. Wer ab jetzt die wieder die Symphonie „Aus der Neuen Welt“ hört, wird immer an die Aufführung in der Erlöserkirche denken.

Zehn Minuten Applaus


„Kyrie eleison“ („Herr, erbarme Dich“), beginnt – überragt von dem eindrucksvollen Apsis-Mosaik von Christus als Pantokrator (Weltenherrscher) – mit der Anrufung des Herrn die Messe D-Dur. Beim „Gloria in excelsis Deo“ („Ehre sei Gott in der Höhe“) erklingt die ganze Perfektion in Präzision und stimmlicher Qualität des Bachchors. Im Pianissimo klingt das Te Deum aus mit der immer und besonders heute aktuellen Bitte, die die Glocken der Erlöserkirche über die Stadt und ins Land hinaustragen: „Agnus dei, … dona nobis pacem“ („Lamm Gottes, … gib uns Frieden“). Bravorufe mischen sich unter den fast zehnminütigen Applaus, mit dem das Publikum seinen Dank für das glanzvolle Oratorienkonzert zum Ausdruck bringt.





18.04.2017, Frankfurter Allgemeine Zeitung

Mutiger Einsatz für Telemann

Susanne Rohn führt in der Erlöserkirche Bad Homburg die Brockes-Passion auf

Seit längerem spielen die Passionen von Bach im Konzertleben rund um Ostern eine dominierende Rolle. Umso erfreulicher, dass Susanne Rohn es wagte, Telemanns Passionsoratorium, basierend auf einer Dichtung der Hamburger Ratsherrn Barthold Heinrich Brockes, aufzuführen. Beeindruckend war die Prozession der Zuhörer zur Erlöserkirche in Bad Homburg, sie bot einen glücklichen Rahmen für ein mutiges Unternehmen mit immensem Aufwand. Doch souverän hielt Susanne Rohn das riesige Ensemble mit sieben Solisten, dem 125 Sänger zählenden Bach-Chor sowie einem flexiblen Orchester zusammen; eine eindrucksvolle Leistung.

Zugute kam sie einem bisher vernachlässigten Werk, angeregt durch die inspirierend bildhafte Sprache des Dichters Brockes. Von ihm stammen übrigens auch einige Arientexte aus der weitaus geläufigeren "Johannespassion" Bachs. Dass er insgesamt mindestens sechs seiner Zeitgenossen, unter ihnen Händel, Mattheson und Fasch zu einer Vertonung angeregt hatte, zeigt, wie genau Brockes damals den Zeitgeschmack getroffen hatte. Charakteristisch ist die vorherrschende Kleingliedrigkeit, die einen häufigen Wechsel zwischen den Dialogpartnern des Passionsgeschehens, dem Evangelisten, der Tochter Zion und der "gläubigen Seele", verlangen. Hier bewährte sich Rohns sorgfältige Vorbereitung im nahtlosen Ineinandergreifen der Partner glänzend.

Wolfram Wittekind hatte die umfangreichste Aufgabe zu bewältigen, er zeigte sich als geschmeidiger, dabei ausdrucksvoller Tenor. Glücklich hob er sich klanglich vom Fachkollegen Ralf Simon ab, der Sündelfall und Reue des Petrus, von Solovioline begleitet, deutliche Kontur gab, inspiriert durch Brockes' suggestive Sprachgewalt ("mein Eingeweide kreischt auf glimmen Kohlen"). Einen überraschend leidenschaftlichen Christus gab Thomas Möller, Nebenrollen waren bei dem kraftvollen Simon Bailey in guten Händen. Die dankbare Partie des Judas hatte man Britta Jacobus anvertraut, die Mezzosopranistin gab der Verzweiflung des Verräters markantes Profil. Unforcierten Höhenglanz verlieh Antonia Bourvé der Maria wie auch der Tochter Zion und der "gläubigen Seele", dies im Wechsel mit den anderen Solisten.

Ihre Parts waren von Telemann besonders liebevoll gestaltet. Insgesamt beeindruckte der Farbenreichtum der Partitur, gerade im Kontrast zur Schwärze der Todesstunde Jesu, die sich schon in der Eingangs-Sinfonia vorbereitete. Immer wieder kamen die verlässlichen Bläser gut zur Geltung. Nicht zu überhören war die Vertrautheit des Bach-Chors mit der Akustik der Erlöserkirche, wie die homogenen, gut das Kirchenschiff füllenden, aber nie aufdringlichen Choräle bewiesen. Umso erstaunlicher wirkte im Kontrast zu ihnen die bewegliche Präzision der Turba-Chöre für die Kriegsknechte oder das Volk. Früher zollte man Passionsaufführungen diskreten Beifall durch schweigendes Erheben, etwa bei den Bach-Wochen in Ansbach. In Bad Homburg brach nach einer Schweigeminute zum Geläut der Glocken heftiger Beifall los. Er war berechtigt.  Gerhard Schroth



18.04.2017, Taunus Zeitung

Klänge, die das Wunder fassen wollen

Auferstehung in Tönen: Telemann-Oratorium in der Erlöserkirche war Geschenk und Genuss für Barock-Liebhaber


Die Brockes-Passion, ein Oratorium von Georg Philipp Telemann, erfüllte am Karfreitag die Gäste in der voll besetzten Erlöserkirche mit Andacht, Staunen und Bewunderung.

Von Brigitte Gaiser

Bad Homburg. Das Oster-Geschehen ist seit fast 2000 Jahren für Künstler aller Art - ob Dichter, Komponisten, Maler oder Bildhauer - eines ihrer wichtigsten Themen. Mit ihrer Kunst versuchen sie das Mysterium zu fassen, das Wunder nachzuvollziehen und zu begreifen. Das Ergebnis ihres Ringens um Erkenntnis ist dann für die Interpreten Arbeit, für die Konsumenten ein Geschenk und purer Genuss. So erlebt am Karfreitag in der Erlöserkirche.

"Der für die Sünde der Welt gemarterte und sterbende Jesus" - auf die Dichtung von Heinrich Brockes (1680-1747) komponierte Georg Philipp Telemann (1681-1767) seine Musik, uraufgeführt 1716 in Frankfurt am Main. Mit Antonia Bourvé (Sopran: Tochter Zion), Myriam Jabaly (Mezzosopran), Brigitte Jacobus (Alt), Wolfram Wittekind (Tenor: Evangelist), Ralf Simon (Tenor), Thomas Möller (Bass: Christus) und Simon Bailey (Bass) waren die Solisten hervorragend besetzt, boten allein durch ihren jeweiligen Stimmcharakter schon sehr unterschiedliche Klangfarben. Der Bachchor der Erlöserkirche zeigte sich einmal mehr hoch motiviert und mit großem Klangvolumen stets präsent und den Anforderungen unter Leitung von Susanne Rohn bestens gewachsen. Begleitet wurde das Passionsoratorium von meisterhaft versierten Instrumentalisten auf historischen Instrumenten mit Travers- und Blockflöten, Oboen, Fagott und Hörnern, die auch zur Untermalung von Violinen, Violoncelli, Kontrabass, Laute und Orgel solistisch hervortraten - ingesamt also ein ganz großes Aufgebot.

Schaffensfreudig
Fünf solcher Oratorien schuf der außerordentlich schaffensfreudige Komponist zwischen 1716 und 1756, wie mit teils erstaunlich modernen Klängen weit in die Zukunft. Die Dichtung des Ratsherrn Heinrich Brockes wurde wohl von zeitgenössischen Tonsetzern als herausragend empfunden. Nicht weniger als 13 Vertonungen sind inzwischen nachgewiesen, die berühmtesten von Händel und Telemann. Drastische Bilder schildern Grausamkeiten, wechseln ab mit innigen Erlebnissen der Beteiligten, erbaulich und gefühlsorientiert ist die Sprache - alles mit dem Ziel, den Hörer im Innersten zu ergreifen. Nun, das ist auch bei dieser Aufführung des seit einiger Zeit aus dem 200 Jahre währenden Dornröschenschlaf erweckten Passionsoratorium hervorragend gelungen. Die Sänger zeigten ihre Stimmen in herausragend breiter Modulierfähigkeit. Die Instrumentalisten bewältigten die teils sehr anspruchsvollen Passagen meisterhaft und überzeugend. Der Chor glänzte durch stimmliche Präsenz. Die Dirigentin Susanne Rohn bestimmte das gesamte musikalische Geschehen in jedem Augenblick präzise und souverän, mit nur kurzer Stimmpause über 2 Stunden und 15 Minuten hinweg.

Ergriffene Stille herrschte zum Glockengeläut in der voll besetzten Kirche. Dann aber brachen die Ovationen für diese rundherum gelungene, großartige Aufführung für volle zehn Minuten los!



24.11.2016, Taunus Zeitung

Ein Königreich in der Erlöserkirche

Bad Homburg. Schon in der Planung sprach Edward Elgar (1858-1934) selbst von einem gigantischen Werk. Und so empfindet man "The Kingdom" (Königreich), sein Oratorium in fünf Teilen für Soli, Chor und Orchester, durchaus. Mit dem Bachchor der Erlöserkirche und der Neuen Philharmonie Frankfurt gestaltete Susanne Rohn das Konzert für diesen Totensonntag oder auch Ewigkeitssonntag. Damit hatte sie einen Klangkörper zur Verfügung, der mit Größe und Klangpotenzial dem höchst anspruchsvollen Werk sehr angemessen war. Und mit den Solisten Nina Vitol (Sopran), Elvira Bill (Alt), Ralf Simon (Tenor) und Simon Bailey (Bass), hatte sie Stimmen gewonnen, die sich für die Parien von Maria (Sopran), Maria Magdalena (Alt), Johannes (Tenor) und Petrus (Bass) hervorragend eigneten, geschmeidig und warm im Ausdruck und dabei von besonderer dynamischer Leistungsfähigkeit.

Und, um es schon einmal vorwegzunehmen, die Aufführung erntete unbeschreiblichen Applaus für jeden einzelnen Solisten, für die instrumentalen Stimmgruppen, das gesamte Orchester, den Chor mit eindrucksvoller Höchstleistung und ganz besonders für die Dirigentin selbst. Die Zuhörer, die meisten von ihnen Kenner und Stammgäste aus der gesamten Region, hatten aber auch mit großer Konzentration und Hingabe der gut eineinhalb Stunden dauernden Aufführung gelauscht. Nach "The Apostles" ist "The Kingdom" das zweite Werk für eine Trilogie, die aber nie vollendet werden sollte.

Der Kritiker Ernest Newman bescheinigte dem Freund 1906 nach der Uraufführung zwar ein "enorm spirituelles Hirn", fand aber nicht, dass es bei diesem Werk voll zum Tragen gekommen sei. Und auch der Elgar-Biograph Michael Kennedy war der Meinung, es sei zwar "Musik eines großen Komponisten", aber "nicht durchweg große Musik". Newman riet gar vom Komponieren von Kirchenmusik ganz ab. Diesem Umstand ist die großartige Orchestermusik zu verdanken, die Elgar fortan noch schrieb.

Nichtsdestotrotz ist "The Kingdom" große Musik, die für alle Mitwirkenden besondere Herausforderung bedeutet und enormer Anstrengung bedarf. Edward Elgar verband für den Inhalt Szenen aus den ersten Kapiteln der Apostelgeschichte mit Texten aus den Evangelien. Das Pfingstereignis ist ein zentrales Thema. Das Oratorium schließt mit dem Vaterunser, Johannes singt "Ihr habt einen kindlichen Geist empfangen", darauf Petrus "durch den wir rufen: Abba - lieber Vater." Und dann der Schlusschor: "Du bist unser Vater, unser Erlöser und wir sind dein." In der Stille danach beginnt das Glockengeläut, die Musik hat einen Raum des Nachklingens.




29.03.2016, Taunus Zeitung

Berührende Höchstleistung

Von Brigitte Gaiser

Stilles Verharren, Ergriffenheit, Glockengeläut vom Turm – niemand klatscht nach der großartigen Aufführung der Markus-Passion in der Erlöserkirche am Karfreitag. Dann Erlösung, und Begeisterung bricht sich Bahn.

Einmal mehr erreichte Susanne Rohn, Kantorin der Erlöserkirche, am Karfreitag mit ihrem großen Bachchor und der Sinfonietta Frankfurt die Herzen der Zuhörer in der voll besetzten Erlöserkirche. Auf dem Programm stand die Markus-Passion, Leidensgeschichte Christi nach dem Markus-Evangelium in Versen von Christian Friedrich Henrici (1700–1764), besser bekannt unterm Pseudonym Picander, wichtigster Textdichter von Johann Sebastian Bach (1685–1750).

Der von Hans Christoph Begemann (Bass) gesungene Jesus wurde bei der Aufführung zu einem sehr nahe erfahrbaren Menschen, dessen Leiden durch die wunderbar volle warme Stimme des Sängers, der seine Mittel sehr passend einsetzte, ganz direkt übertragen wurde. Der Tenor Benoît Haller, kurzfristig für den erkrankten Marcus Ullmann eingesprungen, führte in der sehr anspruchsvollen Rolle als Evangelist durchs gesamte Geschehen, auch er blieb in warmen Klangfarben und wurde dem Erlebnis voll gerecht.

Katharina Magiera ließ mit sehr flexibler, klarer Stimme die wunderbaren Alt-Arien erklingen. Steffanie Patzke führte in ihren Partien ihre Sopranstimme mit strahlender Kraft in die Höhe. Björn Peters (Bass) hatte Petrus, Judas, den Pontifex und Pilatus zu verkörpern, besonders anspruchsvoll deshalb, weil nach oft langen Pausen nur sehr wenige Worte in unterschiedlicher Charakteristik zu singen waren. Mit ihrem höchst flexiblen Bachchor hat Susanne Rohn einen Klangkörper geschaffen, der den Chorälen und Chören des Werks eine harmonisch abrundende Wirkung verlieh. Die Sinfonietta Frankfurt, von ausgewählten und höchst engagiert musizierenden Studenten der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt besetzt, verlieh der Musik den ergänzenden tragenden Rahmen und Hintergrund.

Mit einem Violinsolo glänzte Nina Junke, weitere eindrucksvolle Soli gab es von Professor Hubert und Elisabeth Buchberger (Violinen), Michael Preuss (Violoncello) und Thomas Lenders (Kontrabass). Die Bläser Sebastian Wittiber und Franziska Both (Flöten), Michael Sieg und Ayumi Mita (Oboen), Carsten Wilkening (Fagott), Ghislaine Wauters und Sofia Diniz (Gamben), Jürgen Banholzer (Orgel) und Hanno Lotz (Cembalo) ergänzten das Ensemble, auch sie mit beeindruckenden Solo-Einlagen.

Susanne Rohn führte Sänger und Instrumentalisten mit ihrem Dirigat zu berührender Höchstleistung. Zum Werk selbst bleibt zu sagen, dass Bach nach verbrieften Quellen seine Markuspassion an den Karfreitagen 1731 und – in einer bearbeiteten Fassung – 1744 aufführte, die Musik gilt jedoch weitgehend als verschollen.

Die Rekonstruktionsversuche sind zahlreich und waren möglich, weil das Textbuch von Picander vollständig erhalten ist und weil Bach auch in anderen Werken häufig mit sogenannten Parodien arbeitete. Das bedeutet, dass er einzelne Sätze aus seinen Werken auch in anderen mehrfach verwendete. Die hier aufgeführte Rekonstruktion der Erstfassung stammt von Alexander Grychtolik (*1980), der in der Erforschung der barocken Musikliteratur einen vielbeachteten Namen hat.
 



24.12.2014, Taunus Zeitung

Die Bachs: Wie der Vater so der Sohn

Von Brigitte Gaiser

Fortschritt ist der Schritt fort von dem, was vorher war. Warum sollte das bei Johann Sebastian Bach und seinen Söhnen anders gewesen sein? In der Erlöserkirche konnte der feine Beobachter am Sonntag diesem Fort-Schritt nachspüren.

Der gesamte Bach- und Kammerchor, das Barockorchester L’Arpa festante mit Streichern, Quer- und Blockflöten, Fagott, Hörnern, Trompeten und Schlagzeug, dazu vier Gesangssolisten und Orgel – es war ein riesiger Klangkörper, den Dirigentin Susanne Rohn in der Erlöserkirche zum Auftakt des weihnachtlichen Oratorienkonzerts aufbot. Bach stand auf dem Programm – und zwar Vater Johann Sebastian (1685–1750) und der zweitgeborene Sohn von insgesamt 20 Kindern, Carl Philipp Emanuel (1714–1788), der den Ruhm des Vaters zeitweilig sogar überstrahlte.

Das Sanctus aus der h-Moll Messe BWV 232 ist 1724 entstanden als das wohl früheste Einzelwerk der gesamten Messe. In der Zeit der befohlenen Landestrauer um den Kurfürsten folgten 1733 Kyrie und Gloria und erst gegen Ende seines Lebens wurde die Messe aus Bearbeitungen anderer Kompositionen fertiggestellt. Sie ist eines der bedeutendsten geistlichen Werke von Johann Sebastian und gehört dem Spätbarock an. Der große berühmte Sohn Carl Philipp Emanuel, dessen 300. Geburtstag in diesem Jahr Anlass für viele Aufführungen seiner Werke war, wollte weg von diesen Traditionen: „Mich deucht, die Musik müsse vornehmlich das Herz rühren“ (Autobiografie). Er gilt als Wegbereiter des „Empfindsamen“ oder auch „Galanten Stils“.

„Heilig“ für Doppelchor, Solo-Alt und Orchester war nun das nächste Werk im interessanten Programm. Anne Bierwirth mit wunderbar weicher und geschmeidiger Stimme leitete das Werk mit einer Ariette ein. Ein kleinerer Chor mit einigen Instrumenten sang von hinten, der große Chor mit Orchester im Wechsel in der Apsis. Für das Konzert G-Dur für Orgel (Jürgen Banholzer), Streicher und Basso continuo (Susanne Rohn) wurde noch einmal sorgfältig nachgestimmt; die Darmsaiten der Streicher reagieren sehr empfindlich auf die Raumtemperatur und die Zuhörer waren so einmal mehr in die Quinten-Stimmung mit aufgenommen. Auf kleine Gesten des Konzertmeisters (Christoph Hesse) reagierten die Beteiligten sehr fein und präzise, hielten engen Kontakt mit ihm und brachten eine hervorragende Interpretation des Werks.

Als Höhepunkt des Konzerts erklang „Magnificat“ für Soli, Chor und Orchester. Christine Graham (Sopran), Hans Jörg Mammel (Tenor) und Markus Flaig (Bass) ergänzten das Gesangsquartett mit ihren wunderbaren Stimmen. Das Konzert war ein großartiger Erfolg für alle Beteiligten, die Zuhörer dankten mit anhaltendem Applaus.



30.09.2014, Taunus Zeitung

Furioses Fugato-Finale: Haydns "Die Schöpfung"

Von Brigitte Gaiser

Ein Klassiker, der seit über 200 Jahren den Zeitgeschmack trifft und nun als Abschlusskonzert einen erfolgreichen Endpunkt des Orgelfestivals Fugato 2014 darstellte. Die Erlöserkirche war am Sonntag fast ausverkauft für: Die Schöpfung von Joseph Haydn.

Bad Homburg. Wenn ein Werk über so lange Zeit in ununterbrochener Folge zu Aufführungen auffordert, kann man mit Fug und Recht von ganz großer Kunst sprechen. Und auch die Zuhörer am Sonntag in der Erlöserkirche fühlten sich besonders angesprochen von Joseph Haydns Werk, das 1798 in Wien uraufgeführt wurde. Nicht etwa in einer Kirche, wie für Oratorien sonst üblich, sondern im Palais Schwarzenberg neben dem Schloss Belvedere.

Hofbibliothekar Gottfried van Swieten schrieb das Libretto dazu auf biblischen Grundlagen, aber auch nach Motiven aus der englischen Lyrik. In der Einleitung wird musikalisch das herrschende Chaos beschrieben, mit für damalige Ohren gewagten Dissonanzen.

Ein Paukenschlag

Dass sich etwas formen will, ist zu hören, ein gewaltiger Paukenschlag kündigt es an, mit zarten aufsteigenden Dreiklängen lässt sich bereits das Licht ahnen. Und Erzengel Raphael (Christoph Begemann, Bass) singt es, sehr behutsam, ohne jegliche Begleitung, nach ihm der Chor und dann der Knall: „Und es ward Licht!“ Uriel (Carsten Süss, Tenor) kündet von der Entstehung des ersten Tages und mit ihm der Chor.

Beide Männerstimmen füllten ihre Rollen großartig aus, wie sich auch im Weiteren noch zeigen sollte. Erzengel Gabriel (Katharina Persicke, Sopran) kommt zum Lob des zweiten Schöpfungstages hinzu, auch sie mit sehr ausdrucksvoller Stimme und, wenn der Bachchor der Erlöserkirche klanggewaltig berichtet: „Und laut ertönt aus ihren Kehlen des Schöpfers Lob“, schafft sie es, sich noch darüber zu schwingen.

Und wie Haydn mit Tönen beschreibt! Wie er mit Melodien und Rhythmen Situationen zaubert und die Instrumente mit ihren unterschiedlichen Klängen für die Färbung einsetzt!

Bunte und sehr eindrucksvolle Bilder entstehen da: brausende Stürme, fliegende Wolken, feurige Blitze und schrecklich rollende Donner, aber auch duftende Kräuter und Blumen.

Soli, Chor und Orchester wirkten hervorragend zusammen, zeigten bei aller Konzentration auch selbst viel Freude an dem lebhaft kunstvollen Geschehen.


Virtuoses Orchester

Das Barockorchester L’arpa festante, schon häufig mitwirkend bei großen Werken unter Susanne Rohns Leitung, bewies auch diesmal virtuos seine Fähigkeiten auf Instrumenten aus der Entstehungszeit des Werkes.

Nun, die Schöpfung aus der Bibel kennt jeder, die Bild- und Tongeschichte, die Haydn und van Swieten daraus gemacht haben, ist wunderschön – voll Anmut und auch mit Humor versehen. Der sechste Schöpfungstag schließlich bringt Adam und Eva.

Als schönes und besonders klangvolles Paar stellten sie sich dar, die Wonnen des Garten Edens klangvoll in solcher Hingebung und Zuneigung vermittelnd, dass die Vorstellung, sich noch einmal im Paradies zu befinden, sehr nahe lag.

Überwältigend war der Schlusschor mit Soli: „Singt dem Herren alle Stimmen! … Lasst Lob im Wettgesang erschallen!“ Dem ist nichts hinzuzufügen – ein voller Erfolg für alle Beteiligten!


20.05.2014, Taunus Zeitung

Fulminanter Abschluss

Von Brigitte Gaiser

Nach sechs Mal Kammermusik in der Schlosskirche gab es zum Abschluss des Bad Homburger Kammermusikfestes am Sonntag in der Erlöserkirche ein großes Sinfoniekonzert.

Bad Homburg. Tiefgreifende gesellschaftliche Umwälzungen zog die Erfindung des Buchdrucks durch Johannes Gutenberg nach sich. 400 Jahre später, als Felix Mendelssohn Bartholdy (1809–1847) zur Gedenkfeier des Ereignisses seinen „Lobgesang“, die Symphonie Nr. 2 B-Dur op. 52, komponierte, waren diese in großer Breite zu überblicken. Was mochte er an Überlegungen über dieses einschneidende geschichtliche Ereignis der Konzeption seines Werkes zugrunde gelegt haben?

Sinfonie allein schien dem Komponisten jedenfalls nicht ausreichend. Er selbst gab dem Werk den Beinamen „Lobgesang“ und bezeichnete es mit dem weiteren Titel „Eine Symphonie-Kantate nach Worten der Heiligen Schrift“. 1840 unter der Leitung des Komponisten in der Thomaskirche in Leipzig uraufgeführt, war die großartige und vielschichtige Musik jetzt unter Leitung von Susanne Rohn mit der Philharmonie Südwestfalen, dem Bachchor der Erlöserkirche sowie den Solisten Christian Elsner (Tenor), Mechthild Bach und Helen Rohrbach (beide Sopran) als Höhepunkt eines besonderen Konzerts zu hören.

Höchst engagiert musizierte das Orchester den ersten sinfonischen Teil des Werkes, unterteilt in drei fließend ineinander übergehende Sätze. Sehr differenziert schildert der Komponist, so könnte man meinen, durch vielfältig variierten Einsatz der Instrumentengruppen und die damit erzeugten Klangfarben die neuen Möglichkeiten durch die Erfindung – schließlich konnte man damit ohne die direkte Kontrolle von Kirche und Obrigkeit schnell große Mengen an Informationen verbreiten, was ganz sicher auch zu Freude und Festen Anlass gab – auch dies war aus der Musik zu hören.

Der zweite Teil des Werks – Rezitative, Arien, Duette und Chöre nach von Mendelssohn selbst ausgewählten Texten aus der Luther-Bibel – stellen „den Sieg des menschlichen Geistes und des göttlichen Lichts über die Finsternis“ dar. Die großartigen Stimmen der drei Solisten, der Chor mit einer fulminanten Leistung, obwohl er sich gegen den Ansturm des Orchesters nicht immer ganz durchsetzen konnte, und das Orchester selbst unter dem sehr präzise geführten Stab der Dirigentin brachten eine überwältigende Gesamtleistung zu Gehör.

Mit nicht enden wollendem Applaus wurde die Aufführung belohnt, die mit der Sinfonie Nr. 40 g-Moll KV 550 von Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791) begonnen hatte, die sich – als Höhepunkt von Mozarts sinfonischem Schaffen – auch heute großer Beliebtheit erfreut. Karl-Werner Joerg dankte für den besonderen Aufführungsort, für die Zusammenarbeit mit Susanne Rohn und besonders Johanna Quandt für ihre großzügige Unterstützung.



22.04.2014, Taunus Zeitung

Hineingleiten ins Leidensgeschehen


Von Ulrich Boller

Ein respektgebietendes Pensum meisterte der Bad Homburger Bachchor zu Ostern. Stand am Karfreitag Bachs Johannespassion in der Erlöserkirche auf dem Programm, erklangen zwei Tage später an gleicher Stelle drei gewichtige Osterkantaten des Thomaskantors.

Bad Homburg.

Konzentriert, dicht und emotional berührend gelang die Aufführung der Johannespassion in der ausverkauften Erlöserkirche. Dabei bevorzugte Kantorin Susanne Rohn ein durchweg weich konturiertes, gleichwohl durchsichtiges Klangbild sowohl beim Bachchor als auch dem Orchester der Sinfonietta Frankfurt. Der Eingangschor mit den sich steigernden Anrufungen glich einem sanften Hineingleiten in das Leidensgeschehen, dessen Spannung und Atmosphäre sich allmählich aufbauten und intensivierten. Ein Einstieg, der einleuchtete und ebenso eingehende wie reflektierte Vorbereitung verriet.

Schlicht und beredt formte das Sängerensemble die als architektonische Stützen eingezogenen Choräle. In diesen Glaube und Zuversicht ausdrückenden Sätzen lag vor allem die Stärke der voluminös, farbig und textsauber artikulierenden Sängerinnen und Sänger. Beispielhaft dafür standen „In meines Herzens Grunde“ oder „O große Lieb“, die gleichsam von innen heraus zu leuchten schienen. Dass die Dramatik, der aggressive Impetus der Turbae-Chöre weniger zur Geltung kam, ließ sich auch angesichts der guten Gesamtqualität des Vortrags verschmerzen.

Überzeugend löste Albertus Engelbrecht seine Aufgabe als Evangelist vor allem in der tenoralen Mittellage, während er sich in der Höhe oft eng, scharfkantig ausnahm. Merkliche innere Beteiligung kennzeichnete indes seine Gestaltung der Berichtstexte. Uneingeschränkt zu den Pluspunkten zählten der hellleuchtende Sopran Steffanie Patzkes („Ich folge Dir gleichfalls“), der warmtimbrierte Alt Henriette Göddes („Es ist vollbracht“) sowie der jugendlich unverbrauchte, wiewohl bemerkenswert ausdruckskräftige Bass Johannes Hills. Er war weit mehr denn bloßer Ersatz für einen erkrankten Kollegen!

Dass trotz der Länge keine Längen entstanden, dafür gebührte Sängern und Instrumentalisten sowie nicht zuletzt Dirigentin Susanne Rohn respektvolle Anerkennung.
 

Ungeschmälerte Freude

Deutliche Kratzer trübten dagegen das Bild am Abend des Ostersonntags. Bis alle Beteiligten richtig zueinanderfanden, brauchte es die erste drei Abschnitte der Kantate „Der Himmel lacht“ BWV 31. Auch der Beginn des „Halt im Gedächtnis Jesum Christ“ BWV 67 verlief merklich wackelig. Auf dem gewohnten Niveau bewegte sich erst die als „Osteroratorium“ bekannte Kantate „Kommt, eilet und laufet“ BWV 249. Hier teilte sich Festfreude in dreifach glänzendem Trompetenklang ungeschmälert mit. Aber auch die Flötisten Walter Büchsel und Gina Gaul waren mit wohlklingenden Soli zu hören, ebenso die Oboisten Michael Sieg und Thamar Müller.

Sichere Stütze besonders der Sänger war Cellist Michael Preus, mit der Continuo-Stimme betraut sicher einer der meistbeschäftigten Mitwirkenden. Als Vokalsolisten bewährten sich Antonia Bourvé (Sopran), Anne Bierwirth (Alt), Hans Jörg Mammel (Tenor) und der kurzfristig eingesprungene Bass Florian Rosskopp. Langer, verdienter Beifall lohnte die hörenswerten Aufführungen beider Konzerte.
 


18.06.2013, Taunus Zeitung

Geheimnisvoll bis dramatisch

Von Brigitte Gaiser

Wagners Parsifal in der Erlöserkirche setzt Maßstäbe - Susanne Rohn wächst über sich hinaus

Einen Hauch Bayreuth erlebten die Gäste bei der Parsifal-Premiere in der Erlöserkirche. Dazu gehörte nicht nur eine Viereinhalbstunden-Aufführung, sondern auch Lustwandeln in den beiden Pausen um den kleinen „Grünen Hügel“ von Bad Homburg.


Bad Homburg. Sage und schreibe zehn Minuten Dauerapplaus mit Jubelrufen durchsetzt waren am Sonntag in der Erlöserkirche der Lohn für eine gigantische Aufführung des Parsifal von Richard Wagner. Und um es gleich zu sagen: Auch für den, der dachte, keine viereinhalb Stunden Aufführung durchzuhalten, war die Zeit wie im Fluge vergangen. Und das, obwohl - oder vielleicht gerade weil - das Auge bei diesem Konzert weder von Kostüm noch Kulisse abgelenkt war. Allerdings hatten es dadurch all jene, die weder den Stoff genau im Kopf noch ein Textbuch in der Hand hatten, zunächst ein wenig schwer, sich zu orientieren.

Hochkarätige Besetzung

Unabhängig davon ist es Susanne Rohn, Kantorin der Erlöserkirche, erneut gelungen, hochkarätige Sänger und Musiker zu verpflichten. Mit Hans Christoph Begemann als beeindruckendem Amfortas mit voluminösem Bariton, Hubert Bischof als verstoßenem Gralsritter Klingsor und Titurel (Vater von Amfortas) mit prägnanter plastischer Stimme waren die Partien überzeugend besetzt.

Simon Bailey, Mitglied der Frankfurter Oper, sang mit seinem variablen Bariton einen besonders einfühlsamen Gurnemanz. Christian Elsner, zu den führenden Wagner-Tenören zählend, bot stimmlich einen überzeugenden, wunderbaren Parsifal. Und Kathrin
Hildebrandt als Kundry verfügte souverän über ihren gewaltigen Part und meisterte die immensen Intervallsprünge brillant. Alles also hervorragende Stimmen und besonders renommierte Sänger, die den Schwierigkeiten von Wagners Musik gewachsen waren. Die
Rollen der Knappen, Gralsritter und Blumenmädchen waren ebenfalls überzeugend besetzt. Wobei letztere ihre Passagen in höchst anrührender Weise von der Galerie herab sangen.


18.12.2012, Frankfurter Neue Presse

Großer Einsatz, hohes Niveau

Ein erzähltes, gesungenes und musiziertes Lebensbild des Apostels Paulus war am Sonntag als Oratorienkonzert in der Erlöserkirche zu hören.
Von Brigitte Gaiser


Bad Homburg. "Wachet auf, ruft uns die Stimme", schallte den Gästen in der voll besetzten Erlöserkirche am Sonntag schon in der Ouvertüre zum Oratorium "Paulus" entgegen. Dieser alte Choral von Philipp Nikolai aus dem Jahr 1599 mit dem überzeugenden Weckruf wurde nicht nur von Felix Mendelssohn Bartholdy (1809–1847) durch alle Stimmen hindurch verarbeitet und tauchte später als Choral wieder auf, sondern diente bereits Johann Sebastian Bach für eine ganze Kantate (BWV 140) und wurde auch von Max Reger zu einer Fantasie (op. 52,2) entwickelt.

Solchermaßen begrüßt und in die Musik eingeführt durch die Sinfonietta Frankfurt (Konzertmeister Hubert Buchberger) waren die Zuhörer sofort präsent und in gespannter Erwartung auf die zweieinhalb Stunden dauernde Aufführung. Und hier kann es gleich gesagt werden: Die Aufführung war großartig. Chor und Solisten ebenso wie das Orchester gaben unter Leitung von Susanne Rohn sehr konzentriert und mit Enthusiasmus diese wunderbare Musik wieder.

In Falko Hönisch für den Bass des Paulus war eine hervorragende Besetzung gefunden, und auch Rahel Maas (Sopran), Lena Naumann (Alt), Keith Stonum (Tenor) und Jan Schümmer (Bass) erfüllten ihre Rollen mit Bravour. Der Bachchor der Erlöserkirche sang mit großem Einsatz auf gewohnt hohem Niveau und wurde seinem Ruf weit über die Grenzen der Stadt hinaus einmal wieder voll gerecht.

Mendelssohn war vom Schaffen Bachs besonders inspiriert, hatte die über gut hundert Jahre in Vergessenheit geratene Matthäus-Passion 1829 aufgeführt und so dafür gesorgt, dass die Chormusik von Bach wiederentdeckt wurde. Die Beschäftigung damit ließ ihm keine Ruhe, bald hatte er Ideen für ein eigenes Oratorium und bekam 1831 vom Frankfurter Cäcilienverein, dem seit 1818 bestehenden Oratorienchor, dessen Dirigent er damals war, den Auftrag für Paulus.

Tosender Applaus

Bis zur geplanten Uraufführung wurde er allerdings nicht ganz fertig, da er schon für die mit äußerster Sorgfalt durchgeführte Textgestaltung viel Zeit brauchte. Aus den verschiedensten Bibelworten zusammengestellt, erzählt der erste Teil des Oratoriums vom Werdegang des Saulus zum Paulus, der zweite von seiner missionarischen Tätigkeit. Dazwischen sind, ganz nach den großen Vorbildern Bach und Händel, Choräle gestellt. Das Publikum folgte der Aufführung sehr konzentriert und dankte mit anhaltendem, tosenden Applaus für die gelungene Darbietung.

27.11.2012, Taunus Zeitung

Der Monumentalauftritt

Hat die Erlöserkirche, hat Bad Homburg schon einmal so etwas erlebt? Die Klangwelten und Erlebnisse, die alle – und es waren sehr viele – dort am Sonntagabend hören und empfinden konnten, sprengten den Rahmen des sonst Üblichen, lassen sich kaum in Worte fassen.
Von Brigitte Gaiser


Bad Homburg. Nicht nur der große Bachchor der Erlösergemeinde, sondern auch der Domchor und der Jugend-KathedralChor Fulda, dazu die Thüringen-Philharmonie Gotha, ergaben am Sonntagabend einen Klangkörper von mehr als 260 Sängern und Musikern. Von Felix Nowowiejski (1877–1946) sollte das grandiose Oratorienkonzert "Quo vadis?", dramatische Szenen für Soli, Chor, Orchester und Orgel, op. 30, aufgeführt werden. Zusammen mit den Solisten Angelika Bamber (Sopran) und Klaus Mertens (Bass) sowie Franz-Peter Huber, dem Kirchenmusikdirektor und Leiter der Chöre aus Fulda als Vorsänger, hatte Kantorin Susanne Rohn für den Totensonntag zu diesem heutzutage sehr selten aufgeführten monumentalen Werk gegriffen.

Populäre Handlung

"Quo vadis, domine? Wohin gehst du, Herr?", fragte der vor der Verfolgung aus Rom flüchtende Petrus den ihm erschienenen Christus. Und er bekam zur Antwort: "Nach Rom, mich erneut kreuzigen zu lassen." Darauf kehrte Petrus um und stellte sich zusammen mit seiner Gemeinde der Verfolgung. Mindestens seit der Verfilmung ist der Roman von Sienkiewicz, der sich um diese Legende rankt, international populär. Mit Paukenschlag und ganz großem Orchester im Fortissimo begann das Vorspiel, und ebenso gigantisch füllten die Chöre im Altarraum und auf beiden seitlichen Emporen das Kirchenschiff mit gewaltigem Klang.

Der Komponist des 1909 in Amsterdam triumphal uraufgeführten Werks hatte sich stilistisch an Liszt, Wagner und der italienisch-französischen Oper des ausgehenden 19. Jahrhunderts orientiert, hatte mit musikalischen Finessen "überraschende theatralische Effekte" (Schering) erzielt. Und so kann es nicht wundern, dass das Stück auch als Konzertdrama empfunden wurde.

Verzweiflung und Trost

Und in der Tat malt die Musik die Szenen vom Brand Roms, vom Aufmarsch der Leibgarde Neros, von der nächtlichen Versammlung der Christen und der Erscheinung Christi auf der Via Appia in solch breiter Palette, bringt Ängste, Verzweiflung, Schmerzen, auch Trost, Gewissheit und innere Ruhe so differenziert zur Geltung, dass die Hörer sich dem eigenen Erleben nicht entziehen können. Klaus Mertens interpretierte mit seiner warmen, tragkräftigen Bassstimme sowohl den Petrus als auch den Obersten Prätorianer sehr beeindruckend, Angelika Bamber fand in der Rolle der Lygia mit ihrem Sopran in strahlende Höhen.

Susanne Rohn schuf als Dirigentin mit den hervorragend geschulten, hochmotivierten Chören und dem außerordentlich engagiert spielenden Orchester eine solch überzeugende Einheit, ein besonders eindringliches Erlebnis und eine so ergreifende Gesamtwirkung, dass der minutenlang anhaltende Applaus für sie am Ende in brausenden Jubel überging.
 


25.11.2012, Osthessen-news.de

Monumental, dramatisch und einzigartig - Das Quo Vadis-Konzert im Dom

FULDA - "Imposant und kraftvoll, gewaltig, monumental, packend, dramatisch und harmonisch". Es gibt eine Vielzahl von Attributen, die auf das opulente Kunstwerk zutreffen, das am gestrigen Samstagabend im Fuldaer Dom aufgeführt wurde. Es war ein Höhepunkt und zugleich Abschluss der Feierlichkeiten zum 300-jährigen Domjubiläum - das Werk "Quo vadis" op 30 von Felix Nowowiejski (1877 - 1946). Vor genau 100 Jahren zum damals 200. Geburtstag der Bischofskathedrale uraufgeführt - mit 150 Sängern und der Kapelle des 71. Infanterieregiments aus Erfurt. Am gestrigen Abend waren es 300 Sänger und Musiker: die Fuldaer Domchöre (Domchor und JugendKathedralChor) sangen zusammen mit dem Bachchor der Erlöserkirche aus Bad Homburg (Einstudierung und Chororgel: Kantorin Susanne Rohn) und dazu spielte die Thüringische Philharmonie aus Gotha. Dazu die Angelika Bamber (Sopran) und Klaus Mertens (Bass). Die Domorgel spielte Prof. Hans-Jürgen Kaiser und die Gesamtleitung als Dirigent hatte Fuldas Domkapellmeister Franz-Peter Huber.

Es war ein einzigartiges Erlebnis, ein gewaltiger Klangkörper - und die knapp 1.000 Menschen fasziniert und auf ganz besondere in den Bann einer Musik gezogen, von der Domkapellmeister Huber sagte: "Die Musik ist leicht zu verstehen, auch die Handlung ist leicht mitzubekommen. Es ist für den Chor nicht leicht, aber leicht zu hören für die Zuhörer."

Der Fuldaer Dom war für dieses einzigartige Konzertwerk im Altarbereich völlig umgestaltet worden. Eine riesige Tribüne für die fast 250 Sängerinnen und Sänger mit einer Höhe von etwa acht Metern, davor mehrere Reihen der Kirchenbänke ausgebaut und im hinteren Teil wieder aufgestellt, dazu jede Menge Elektrik und Technik, um diese einzigartie Aufführung für die Nachwelt aufzuzeichnen bzw. Strom für Lampen oder auch die Sitzheizungen der Musiker bereit zu stellen. Um allen Konzertbesuchern eine Sitzmöglichkeit zu bieten, waren in den Seitengängen noch ausreichend Stühle aufgestellt worden.

Um die dramatischen Szenen für Soli, Chor und Orchester nachzuvollziehen, muss man das Zwei-Stunden-Werk buchstäblich miterlebt ja fast mitgefühlt haben. Gewaltige Klangausbrüche - so beschrieb es Huber gegenüber dem hr4-Radio - wechselten mit zarten, lyrischen Passagen: "Da hört man viel Wagner-Klänge, die farbige und packende Harmonisierung und die Dramatik, die in diesem Stück liegt. Und natürlich auch letztendlich die Wucht und die Masse, die da bewegt wird." Jeder werde sich ganz sicher gefangen nehmen lassen von einer Atmosphäre und einer Dramatik, der sich keiner entziehen könne, so der Domkapellmeister vor der Aufführung, für die monatelang intensiv geprobt worden war.

Es war sicher hilfreich, wenn sich Konzertbesucher schon vor der Aufführung mit diesem monumentalen Stück beschäftigt hatten - auch um die verschiedenen Bilder und Szenen zu verstehen. Da geht es zunächst um den Brand Roms, um den Prätorianer-Marsch und Aufzug der Leibgarde Neros auf dem Forum Romanum, die Nächtliche Versammlung und die Erscheinung Jesu Christi. Die Geschichte, die das Oratorium erzählt, spielt zur Zeit der Christenverfolgung im alten Rom unter der Herrschaft des Kaisers Nero. Der Apostel Petrus verlässt auf Drängen der jungen Christengemeinde die Stadt, um sein Leben zu retten. Auf der Via Appia begegnet ihm Jesus. Petrus erkennt den Auferstandenen und fragt ihn:" Quo vadis, Domine?"- „Wohin gehst du, Herr?" Jesus antwortet ihm: „Ich gehe nach Rom, um mich abermals kreuzigen zu lassen!"

"Im Erleben dieser Musik aus dem Anfang des 20. Jahrhundert wird vor allem der beeindruckende Gewinn der Konzertaufführung liegen" schrieb der bekannte Kirchenmusikdirektor Martin Bartsch, der im Frühjahr 2013 in Kassel die Matthäus-Passion dirigieren wird. Ein unbefangener Zugang zu dem textlichen Inhalt dürfte nicht allen Zuhörern leicht gefallen sein, meinte er und bezog sich etwa auf die große Verehrung des Jesus-Jüngers Petrus, die in ihren Ausmaßen nicht immer und selbstverständlich nachzuvollziehen war.

Das Oratorium des polnischen Komponisten war um 1910 weltbekannt. Sein Komponist wurde in der Carnegie Hall in New York als der „neue Messias des Oratoriums" gefeiert. Doch die eigentliche Uraufführung erfolgte schon am 22. Oktober 1909 in Amsterdam, wo Notenmaterial benutzt wurde, das nachweislich 1909 im Verlag Maier in Fulda gedruckt wurde. Und Verleger Richard Maier war der katholischen Kirche in Fulda eng verbunden, hatte über den damaligen Fuldaer Bischof Joseph Damian Schmitt regelmäßige Kontakte zum Vatikan. Komponist Nowowiejski hatte mit diesem Erfolgsstück an einen "literarischen Hit" angeknüpft. 1905 ging nämlich der Nobelpreis für Literatur an den polnischen Schriftschteller Henryk Sienkiewicz für seinen Roman „Quo vadis?", der 1895 erschien und schnell in praktisch alle europäischen Sprachen übersetzt wurde. Es gibt auch eine bekannte Verfilmung.

Es sei die Initiative von Verleger Maier gewesen - so schrieb Kirchenmusikdirektor Bartsch in einem Vorwort zum Programmheft der gestrigen Aufführung - der den Fuldaer Oratorienverein "Caecilia" Fulda dazu brachte, unter Mitwirkung des erweiterten Orchesters des Infantrie-Regiments Nr. 71 aus Erfurt die "Dramatischen Szenen QUO VADIS?" am 12. Mai 1912 im Fuldaer Großen Stadtsaal aufzuführen.

Übrigens: die Aufführung von "Quo vadis" wird durchaus als ein "ökumenisches Projekt" und eine "freuliche Kooperation" gesehen, denn: nach der Aufführung am gestrigen Samstag im Fuldaer Dom wird das "monumentale Stück" am heutigen Sonntag noch einmal um 17 Uhr von Bachchor und Domchören in der evangelischen Christus-Erlöserkirche von Bad Homburg aufgeführt (MARTIN ANGELSTEIN) +++



09.06.2012, Taunus Zeitung

Stimmgewaltiger Großinquisitor

Michael Mendl und der Bachchor verliehen dem Poesie-festival am Donnerstagabend in der Erlöserkirche einen krönenden Abschluss.

Von Brigitte Gaiser


Bad Homburg. Ein hoher Feiertag für Katholiken, Abschlussveranstaltung des 3. Bad Homburger Poesie- und Literaturfestivals – was schafft die Verbindung? Der Großinquisitor – das fünfte Kapitel des fünften Buches aus dem letzten Roman von Fjodor Dostojewski (1821–1881), "Die Brüder Karamasow" – und sicher dessen mehrmalige Aufenthalte zwischen 1863 und 1867 in der Kurstadt Homburg, bei denen er ein Vermögen verspielte.

Ein weiterer besonders gewichtiger Punkt gerade für diese Veranstaltung war Michael Mendl, einer der größten deutschen Charakterdarsteller in Theater und Film, der dem Großinquisitor seine Stimme gab, der auch bei allen bisherigen Festivals mitwirkte und mit seiner Anziehungskraft die große Kirche komplett füllte. Zum ersten Mal dabei war Susanne Rohn mit dem Bachchor der Erlöserkirche. Von Gesängen aus der Liturgie des Heiligen Johannes Chrysostomos op. 41 von Peter Tschaikowski (1840–1893), dem Zeitgenossen Dostojewskis, wurde die Lesung untermalt.

Mit begeistertem Applaus wurde Michael Mendl, als guter Bekannter sozusagen, begrüßt, und schon stimmte der Bachchor das erste Lied an. Das Publikum konnte sich mit diesen Klängen sofort in russisch-orthodoxe Zusammenhänge und damit in die richtige Stimmung für zwei der Brüder Karamasow versetzt fühlen, die sich in einem Gasthaus treffen. Iwan ist der atheistische Intellektuelle, der die Universität besucht hat, Aljoscha ist Novize.

Iwan will nun seinem Bruder ein ausgedachtes Poème erzählen, so wie es in damaliger Zeit üblich ist. Es spielt im Sevilla des 16. Jahrhunderts, am Tag zuvor sind fast hundert Ketzer von der Inquisition verbrannt worden. Jesus erscheint in seiner ehemaligen Gestalt unter ihnen, stumm und mit mildem Lächeln. Erkannt wird er erst, als er ein Wunder vollbringt – vom Großinquisitor. Dieser lässt ihn festnehmen und kommt nachts in sein Verließ. "Bist du es?" fragt er und fährt fort, als er keine Antwort erhält.


Bachchor: Tolle Leistung

Er teilt Jesus mit, dieser habe kein Recht, nach eineinhalb Jahrtausenden auf die Erde zurückzukehren und die Ordnung zu stören, die die Kirche in der Zwischenzeit geschaffen hatte. Jesus schweigt weiterhin, worauf der Inquisitor die drei Fragen des Teufels an Jesus in der Wüste (Matthäus 4, 1–11) behandelt. Und immer wieder: "Warum bist du gekommen? Um uns zu stören?" und "Wir lieben dich nicht. Wir lieben ihn!" Gemeint ist der Papst, ist die Macht in Rom. Als der Großinquisitor seine Rede beendet hat, geht Jesus still auf ihn zu und küsst ihn. Am nächsten Tag hätte er verbrannt werden sollen, nun aber wird die Tür geöffnet und er kann gehen. Aljoscha ist entsetzt von seines Bruders Worten.

Das Publikum hingegen war hell begeistert von der plastischen Lesung Mendls, von seiner Darstellung des Großinquisitors, der wunderbaren Musik Tschaikowskis, der Leistung des Bachchors und der ganzen Atmosphäre in der so wunderbar zum Thema passenden Erlöserkirche.




04.04.2012, Taunus Zeitung

Monumentale Meisterleistung

Nach vierjähriger Pause führte der Bachchor der Erlöserkirche am Palmsonntag mit großem Aufgebot turnusgemäß einmal wieder die Matthäuspassion von Johann Sebastian Bach auf.

Bad Homburg. Der Bachchor der Erlöserkirche, dazu der Kinderchor der Gemeinde, verstärkt durch einen Auswahlchor der Schule am Landgraben, Bergen-Enkheim, füllten am Sonntagabend schon den gesamten Altarraum der Erlöserkirche. Davor waren noch zwei Orchester gruppiert, die in ihrer Mitte Orgelpositiv und Cembalo einschlossen. Bereits mit dem Vorspiel, in dem die beiden Orchester miteinander korrespondierten, fühlten sich die Hörer in eine andere Welt versetzt.

Der Eingangschor, ganz groß angelegt und durch die doppelte Anlage von Chor und Orchester einzigartig in seiner Klangwirkung, brachte die ganze Kirche zum Schwingen.

Nach dem Evangelium von Matthäus vertonte Johann Sebastian Bach (1685-1750) mit seinem größten geistlichen Werk, einer oratorischen Passion, den Leidensweg Christi. Erweitert wird das Werk durch eingefügte Passionschoräle und durch ebenfalls vertonte Dichtungen von Picander.

Herausragende Leistungen erbrachten alle Mitwirkenden! Der Chor machte seinem Ruf wieder alle Ehre, auch die Sinfonietta Frankfurt, im Doppelorchester geführt und solistisch vertreten durch Hubert und Elisabeth Buchberger, ist dem Bad Homburger Publikum durch die hohe musikalische Qualität lange vertraut. Mit den Solisten war Susanne Rohn, der hochengagierten Dirigentin des Werks, eine sehr passende Besetzung gelungen. Rohn selbst lebt in der Musik, das spürte und sah man. Sie leitete die Aufführung mit absoluter Präsenz – drei Stunden lang – und mit bestechender Prägnanz. Sie verstand es, die Dramatik durch besonders pointierte Abschlüsse hervorzuheben, durch spannungsgeladene Pausen noch zu verstärken.

Das Publikum war nach dieser grandiosen dreistündigen Aufführung geradezu überwältigt.gai (gai)



10.01.2012, Taunus Zeitung

Von Bach berauscht

Im Weihnachtsoratorium begeistern Chor, Orchester und Solisten das Publikum

Des weihnachtlichen Geschehens zweiter Teil wurde am Sonntag in der Erlöserkirche vom Bachchor und dem Barockorchester L‘Arpa festante unter der Leitung von Susanne Rohn aufgeführt. Von Brigitte Gaiser.


Bad Homburg. Noch stand der Weihnachtsbaum, grün und mit Strohsternen und goldenen Kugeln geschmückt, ganz in den Farben der Wandmosaike der Erlöserkirche. All das, um am Sonntag auch der Aufführung der Kantaten 4 bis 6 des Weihnachtsoratoriums von Johann Sebastian Bach (1685-1750) einen würdigen Rahmen zu bieten. Wer die wunderbare Aufführung der Kantaten 1 bis 3 vor Weihnachten schon erlebt hatte, wollte sich dieses Konzert auf keinen Fall entgehen lassen. So war die Kirche wieder voll besetzt. Ausführende waren wieder der Bachchor der Erlöserkirche, das Barockorchester L‘Arpa festante sowie die Solisten Heike Heilmann (Sopran), Anne Bierwirth (Alt), Georg Poplutz (Tenor) und Klaus Mertens (Bass).

Sehr andächtig und konzentriert lauschte das Publikum der großartigen Musik, erlebte den von Bach sehr genau in Musik umgesetzten Text. Dass bei Herrlichkeit und Ehre alles jubiliert, vom Chor über die Instrumente bis zu den Solisten, ist selbstverständlich. Dass die Musik dramatisch wird, in Moll oder gar dissonant erklingt, wenn von Leid, Kummer, Sterben gesungen wird, ist natürlich. Dass aber sogar in einem einzelnen Wort der Bedeutung Rechnung getragen wird, wenn etwa vom "Stolz der Feinde" die Rede ist und der Sopran einen kleinen Schlenker in der Tonhöhe nach oben zu singen hat, dadurch die ganze Überheblichkeit kurz und prägnant ausgedrückt wird, das ist schon etwas Besonderes.

Sehr gut besetzt waren alle vier Solisten, Heike Heilmann mit geschmeidigem, modulationsfähigem Sopran, Anne Bierwirth mit kraftvollem Alt, der Tenor Georg Poplutz sehr einfühlsam und zart in den Rezitativen, Klaus Mertens mit gut akzentuiertem Bass. Was aber der Chor an Klangfülle und eindringlicher Interpretation entwickelte, wozu er unter der Leitung von Susanne Rohn in selbst schwierigen Passagen wie bei "Ehre sei dir, Gott, gesungen" in der Lage war, das wirkte absolut überzeugend. Da konnte man die zwei oder drei nicht ganz gegriffenen Einsätze sofort wieder vergessen. Auch dem engagiert musizierenden Orchester waren die wenigen Intonationsprobleme leicht zu verzeihen, wenn man weiß, dass die Darmsaiten der Streicher auf jede Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankung im Raum reagieren und die nach dem Barock gebauten Blasinstrumente ohne Klappen und Ventile ohnehin sehr schwer zu spielen sind.

So wurden denn sämtliche Sänger, der Chor, die Instrumentalisten einzeln und im Zusammenhang beklatscht, viele Minuten lang, von dem erfüllten und von der wunderschönen Aufführung beflügelten und berauschten Publikum. Am meisten Jubel aber – und wohlverdient – erntete Susanne Rohn für diese engagierte und rundum gelungene Darbietung.
20.12.2011, Taunus Zeitung

Jauchzen und frohlocken in der Kirche

Populäre Musik wollte Johann Sebastian Bach mit dem Weihnachtsoratorium schaffen. Dass diese im Verlauf von 277 Jahren nichts an Zauber und Anziehungskraft verloren hat, bewiesen am Sonntag Chor, Orchester und eine ausverkaufte Erlöserkirche.

Bad Homburg. Ein grandioses Werk von Johann Sebastian Bach (1685-1750) und eine wunderbare Aufführung desselben, viele Minuten währender Beifall am Ende – so viel sei schon einmal vorweggenommen. Mit Pauken und Trompeten und dem groß angelegten Eingangschor "Jauchzet, frohlocket" beginnt die erste der sechs Kantaten, in der es um die Geburt Jesu geht. Der Tenor (Rüdiger Ballhorn) führt als Evangelist mit seiner warmen Stimme das Geschehen mit Texten aus dem Lukas-Evangelium fort, das mehrfach durch Choräle oder Arien von Alt (Elvira Bill) mit großer voller Stimme oder Bass (Markus Flaig) unterbrochen wird.

Das Barockorchester L’Arpa festante, das mit Streichergruppe, Flöte, Oboe d’amore, Oboe da caccia, Fagott, Theorbe, Trompeten, Pauke und Basso continuo unter Susanne Rohn mit feinem Ton auf den nach barockem Vorbild gebauten Instrumenten spielt, begleitet besonders die Solisten sehr behutsam, während der Orchesterklang bei den wunderbaren großen Choreinsätzen eher etwas untergeht. Hervorzuheben ist aus der ersten Kantate auch der Choral "Er ist auf Erden kommen arm", bei dem sich fünf Soprane aus dem Chor mit dem Bass und Orchesterbegleitung fein harmonierend abwechselten.

Die zweite Kantate beginnt mit einer Sinfonia; durch den wiegenden Rhythmus, zart und sehr innig von den Bläsern gespielt, erfährt man schon: das Kind ist bereits geboren. Sie erzählt von der Engelsverkündigung (Steffanie Patzke, Sopran) und die dritte Kantate schließlich von der Anbetung durch die Hirten.

Alle Beteiligten – Solisten, Chor, Orchester und die Dirigentin Susanne Rohn – sind so eins mit der Musik, singen und spielen diese großartigen Melodien so innig, so jubelnd, zart oder temperamentvoll, wie sie von Bach, so meint man, in Anlehnung an die Texte komponiert wurden.

Jedoch war es bei diesem großartigen Werk eher umgekehrt. Bach hatte im Jahr zuvor, 1733, für die Bewerbung als Hofkompositeur, mehrere Huldigungsmusiken mit fröhlichem, festlichem Charakter geschrieben, die er nach der Uraufführung nicht verschwinden lassen wollte und, weil man in Leipzig zu Weihnachten immer viel Musik brauchte, von dem Dichter Picander, mit dem er gerne zusammenarbeitete, mit neuen Texten unterlegen ließ.

Am 26. Dezember um 17 Uhr werden die Kantaten 1-3 noch einmal aufgeführt, am 8. Januar folgen die Kantaten 4-6.(gai)

 


20.12.2011, Bad Homburger Woche 

 

Bachs Meisterwerk in einer Version für Kinder

Von Michael Jacob
Bad Homburg. Man könnte fast eine Quizfrage daraus machen: Was gehört untrennbar zum Weihnachtsfest? Da fallen einem der Baum, die Dekoration, die Geschenke und der Weihnachtsmann ein. Aber auch das Weihnachts-Oratorium von Johann Sebastian Bach. Das vielschichte Werk drückt auf eindringliche Weise alles aus, was uns am Weihnachtsfest bewegen sollte: Frömmigkeit, Freude und Andacht. Es gibt wohl kaum ein Opus in der Musikliteratur, das so bravourös die leisten Töne des Christfestes mit der pompösen Strahlkraft der himmlischen Macht vereint. Da ist das Wiegenlied der Mutter Maria, die sanft schwingende Pastorale der Hirten auf dem Feld und der majestätische "Herrscher des Himmels" mit Pauken und Trompeten. Dabei ist es völlig unerheblich, dass einzelne Stücke der sechs Kantaten aus weltlichen Kompositionen entnommen sind. Erstens stand Bach immer unter Zeit- und Leistungsdruck und zweitens standen alle seine Werke, auch die weltlichen, immer unter dem Motto "Solo Deo Gloria" (Nur zur Ehre Gottes).

Bach war seitens seines Amtes verpflichtet, für jeden Sonntag und Feiertag eine Kantate zu komponieren. So enstanden 1734/35 die Kantaten für die (damals noch) drei Weihnachtsfeiertage, den Neujahrstag, den Sonntag nach Neujahr und Epiphanias. Dem Bachchor der Erlöserkirche gelingt zwischen den Jahren 2011 und 2012 ein ganz besonderes Meisterstück. Traditionsgemäß kommen am vierten Advent und am zweiten Weihnachtsfeiertag die Kantaten eins bis drei zu Gehör und am 8. Januar wird es die Kantaten vier bis fünf um 17 Uhr geben. Doch damit nicht genug: Die sogenannte klassische Musik, zu der auch Barock, Renaissance und Romantik gehören, entzieht sich leider immer mehr den jüngeren Generationen. Kein Wunder! Welcher Talentstar singt schon vor Dieter Bohlen eine Bach-Arie und wird dafür auch noch belohnt? Die Kantorin der Erlöserkirche Susanne Rohn entwickelte gemeinsam mit Otto Mayr, dem langjährigen Leiter der Kleinen Oper Bad Homburg, eine brillante Idee: Wir bringen Kindern das unsterbliche Opus näher.

Nahezu ausverkauft - wobei sich natürlich auch (durchaus nicht unerwünscht) zahlreiche Erwachsene hineinschmuggelten, um eine Kurzfassung des Werkes hören zu können - war die neobyzantinische Kirche, als Otto Mayr anhub, die Weihnachtsgeschichte zu erzählen. Den Text von Michael Gusenbauer hatte er ein wenig bearbeitet. Ausschnitte aus dem Oratorium leitete Susanne Rohn in gewohnt souveräner Manier und sorgt mit den Gesangssolisten Silvia Biehl (Alt), Rüdiger Ballhorn (Tenor) und Markus Flaig (Bass) für eine kindgerechte Fassung. Wahrscheinlich werden die meisten Kinder erst viele Jahre später begreifen, welch professionelle Darbietung sie in diesem "Kinderkonzert" hören durften.

Besonders freute man sich über die Lesung von Otto Mayr, der eine Woche zuvor aus gesundheitlichen Gründen einen Termin im Kurtheater absagen musste, nun aber wieder in seiner gewohnten Form präsent war. Karten für das Konzert am 26. Dezember und am 8. Januar sind an den Tageskassen erhältlich. Für das Konzert am 26. Dezember sollte man sich aber sehr früh anstellen, denn es sind nur noch wenige Restkarten (größtenteils ohne Sichtmöglichkeiten) erhältlich.


 


19.12.2011, Taunus Zeitung
 

 

Die Musik zu Weihnachten

Fernab von dem lauten und hektischen Vorweihnachtstrubel auf der Louisenstraße, befand sich am Samstagnachmittag in der Erlöserkirche eine Oase besinnlicher Ruhe. Dort fand das festliche "Weihnachtsoratorium für Kinder" von Johann Sebastian Bach statt.

Bad Homburg. So viele Kinder wie am Samstag waren bestimmt schon lange nicht mehr in der Erlöserkirche. Und die Kids, die da waren, kamen richtig gerne, obwohl viele von ihnen bestimmt nicht wussten, was an diesem Nachmittag auf sie zukommen wird.

Einen guten Bekannten machten sie aber sehr schnell aus: Otto Mayr ist den meisten Homburger Kids ein Begriff. Er war es, der die christliche Weihnachtsgeschichte kindgerecht erzählte. Unterstützt wurde er dabei vom stimmgewaltigen Bachchor der Erlöserkirche und dem Barockorchester "L’ Arpa festante", die gemeinsam die Geschichte der Geburt Jesu mit der Musik von Johann Sebastian Bach untermalten.

Genau eine Woche vor dem Fest war die Freude bei den Kindern natürlich groß. Und so verwunderte es auch nicht, dass Otto Mayr auf die Frage "Freut ihr euch denn schon auf Weihnachten?" ein lautes "Ja!" zugerufen bekam. Zunächst musste eine elementare Frage für den weiteren Verlauf des Nachmittags geklärt werden. "Wer von euch weiß, was genau ein Komponist ist?", fragte Mayr in die Runde. Klar, dass die Kinder wussten, dass ein Komponist "Lieder erfindet".

Vor sehr langer Zeit gab es also einen Komponisten, der sich so über das Christkind gefreut hat, dass er die Weihnachtsgeschichte noch einem mit seiner "erfundenen" Musik niederschreiben wollte. Bach schrieb für alle Charaktere, die in der Weihnachtsgeschichte eine Rolle spielen, eigene Lieder. So gibt es beispielsweise auch ein "Hirtenlied", mit dem das Kinder-Weihnachtsoratorium begann. 

Der Paukenschlag

Und auf einmal erschienen den fleißigen Hirten Engel, und sie erschraken fürchterlich. Dieser tiefsitzende Schreck wurde von einem aufrüttelnden Paukenschlag dargestellt. Wenn man während des Oratoriums die Augen schloss, konnte man sich die feinfühlig erzählte und mit passender Musik untermalten Geschichte vor seinem inneren Auge gut vorstellen.

Zwischen den einzelnen Musikstücken erklärte Mayr dem jungen Publikum auch viel Wissenswertes über klassischer Musik und zu der manchmal etwas merkwürdig klingenden Sprache, die Bach in seinen Liedtexten verwendete.

Die Hirten machten sich also auf nach Bethlehem, wo sie schließlich in der Krippe eines Stalles das Christkind fanden. Da dieses Neugeborene "mindestens so etwas wie ein König ist", aber durch das pieksende Stroh in der Krippe alles andere als königlich gebettet ist, habe Bach dem Kind ein besonders schönes Lied geschrieben. "Das Christkind soll ja wissen, dass wir Menschen es sehr mögen", meinte Mayr. Und deshalb hat Bach sich beim Komponieren des Liedes besondere Mühe gegeben und dieses Lied soll dann auch von einem besonders königlichem Instrument zum Besten gegeben werden: Die Trompete! Die Trompeten haben den richtigen Sound für einen König!", stellte auch Mayr fest.

Nach so viel Aufregung um seine Person, musste das Christkind dann aber mal schlafen. Und so wiegten schließlich die Querflöten und Oboen das Kind in den Schlaf. Und auch beim Publikum wurden die Augen nach einer knappen Stunde schwer. Für ein abschließendes Engelslied reichte die Kraft aber noch. "Und wenn ihr am Weihnachtsabend ganz aufmerksam lauscht, dann hört ihr vielleicht sogar genau das Lied, was die Engel dem Christkind sangen".(nabi)
 


23.11.2011, Taunus Zeitung 

 

Man hätte eine Stecknadel fallen hören

Ein furchtbar trauriger Inhalt, der künstlerisch grandios verarbeitet wurde, kennzeichnete den Auftritt des Bachchors in der Erlöserkirche. Und es gab auch einen ergreifenden Moment der Stille. Von Brigitte Gaiser

Bad Homburg.
Die "größte Totenklage der Weltliteratur" wird Friedrich Rückerts (1788-1866) Sammlung der Kindertotenlieder genannt. In 428 Liedern schrieb er sich nach dem Tod zweier seiner Kinder an Scharlach im Winter 1833/34 die Qual und Trauer von der Seele. Als einen Seelenverwandten erkannte ihn Gustav Mahler (1860-1911), der derart beeindruckt von seinem Werk war, dass er für Liedvertonungen von 1900 an ausschließlich seine Texte verwendete.

In den Jahren 1901 und 1904 verarbeitete Mahler fünf Lieder zu einem Zyklus, Lieder, die vom Geschehen, der Erinnerung an die Verstorbenen, von Hoffnung und von Gewissheit des Jenseits handeln. Was wäre geeigneter für ein Konzert am Totensonntag als diese Lieder, denn, wie Mahler selbst sagte, "so furchtbar traurig sei ihr Inhalt". Unter Leitung von Susanne Rohn sangen Ursula Eittinger (Alt) und Wolfgang Newerla (Bass), spielten Mitglieder der beiden Frankfurter Sinfonieorchester. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können in der bis auf den letzten Platz voll besetzten Kirche, so konzentriert folgten die Zuhörer diesen so anrührend vorgetragenen Texten, dieser Musik, die den Inhalt auf empfindsamste Weise mit ihren Mitteln trägt, ausdrückt, verstärkt.

Wegen ihres hohen musikalischen Anspruchs wird die "Messe in f-Moll" (1867/68), die dritte und letzte und in der Besetzung am umfangreichsten ausgestattete Messe, von Anton Bruckner (1824-1896) nur selten aufgeführt. Der Bachchor der Erlöserkirche stellte sich dieser Aufgabe mit großem Orchester und vier Solisten, Maria Bengtsson (Sopran) und Hans Jörg Mammel (Tenor) kamen zu Alt und Bass hinzu, Susanne Rohn leitete die Aufführung. Sie gab damit wieder einmal zu erkennen, wie genau sie ein Werk studiert, um mit der Interpretation alles herauszuholen, was dem Komponisten wichtig war und dies während der Proben ihrem Chor zu vermitteln, während der Aufführung auf alle Mitwirkenden zu übertragen. Großartig, wie die Seufzer im Kyrie durch Crescendi und Decrescendi gelangen, wie im Gloria die Ehre und Herrlichkeit Gottes mit der ganzen Dynamik und vollem Orchester herausgearbeitet wurde und auch wie im Credo der Verlauf des Geschehens von der Schöpfung bis zur Kreuzigung sich zuspitzt und mit der Auferstehung Erlösung findet. Im Sanctus, Benedictus und Agnus dei schließlich, mit Lob und Preis, wird am Ende der Frieden erreicht, fasst Bruckner im Dona nobis pacem die Hauptgedanken seiner Messe im großen Finale zusammen. Großartig die Leistung aller Mitwirkenden!

Etwas Besonderes war die Bitte um kurze Stille zum Geläut der Glocken nach dem Verklingen der letzten Töne. Alle kamen der Bitte nach, im Glockenläuten konnte das soeben Gehörte nachklingen. Aber dann, nachdem die letzte Glocke verstummt war, brach sich ungehindert die Begeisterung über diese Leistung Bahn.

 


12.09.2011, Taunus Zeitung

 

Die Kraft der Liebe

Erlöserkirche feiert in einem fast vollen Gotteshaus „New York Mass“ zum Gedenken an 9/11

Emotional, würdig und auch mitreißend war der Musikgottesdienst, mit dem die evangelische Erlöserkirche den Opfern des 11. Septembers 2001 gedachte. Es blieb aber nicht allein beim Rückblick, auf ein Ereignis, das die Welt dramatisch verändert hat. Von Klaus Späne

Bad Homburg. So ähnlich muss der 11. September 2001 in New York gewesen sein: Ein sonniger Septembertag, die Menschen gingen zur Arbeit, die Kinder nach den Sommerferien wieder zur Schule. Heather Saunders war an diesem Tag mit ihren beiden Kindern zu Hause in Bad Homburg, als sie die Nachricht vom Anschlag ereilte. Sie schaltete das Radio ein, ließ die Rolläden runter und verfolgte das Geschehen. Zehn Jahre später steht die schlanke junge US-Amerikanerin mit den rötlich blonden Haaren vor rund 400 Menschen in der Erlöserkirche und liest Auszüge aus Interviews vor, die mit Hinterbliebenen der Opfer geführt wurden. Etwa mit der Witwe eines Mannes, der seine Frau aus dem 103. Stock des World Trade Centers angerufen hatte, um sich von ihr mit den Worten "Ich wollte dir nur sagen, dass ich die Kinder und dich liebe" zu verabschieden.

Atemlose Stille herrscht in der fast voll besetzten Erlöserkirche, als Saunders spricht und die für sie zentrale Botschaft verkündet: "Die hat nichts mit Wut, Rache oder Patriotismus zu tun, sondern mit Liebe und Wertschätzung – das ist das Einzige, was wir der Brutalität des schrecklichen Tages entgegenzusetzen haben."

Die kurze Rede der US-Amerikanerin war einer der Höhepunkte, mit denen die Erlöserkirche ein Zeichen gegen Terror und Gewalt setzten wollte. "Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen", gab Pfarrer Dr. Alexander von Oettingen einen Psalm des Propheten Jesaia als Losung für die Veranstaltung aus, denn "Gewalt und Terror sollten nicht das letzte Wort haben. 

Es drehte sich aber während dieses besonderen Gottesdienstes nicht alles um das gesprochene Wort. Um an den Tag, der die USA und die Welt veränderte, zu erinnern, feierte die Erlöserkirche die "New York Mass" – ein Musikgottesdienst des Darmstädter Komponisten Christoph Schoepsdau. Diese hatte der Musiker 2002 unter dem Eindruck der Terroranschläge als Hommage an die Stadt und ihre Menschen geschrieben.

Jazzige Piano- und Saxofon-Klänge, erfüllten das prächtige Gotteshaus, flankiert vom kraftvollen, mit vielen Gospel-Elementen gespickten Gesang des Bachchors der Erlöserkirche und des Chors des Kaiserin-Friedrich-Gymnasiums. Geleitet und schwungvoll vorangetrieben wurden die Musiker von Kantorin Susanne Rohn. Schon allein diese musikalische Untermalung sorgte dafür, dass die Stadt jenseits des großen Teichs, die ja auch eine Musikstadt par excellence ist, sehr präsent war.

Es blieb nicht beim Zuhören und stillen Gedenken an die Opfer von Gewalt und Terror. Die Gottesdienstbesucher, darunter übrigens auch Vertreter des US-Generalkonsulats in Frankfurt, konnten ihren Emotionen auch dadurch Ausdruck verleihen, indem sie ein Licht anzündeten. Dazu waren in allen Ecken der Kirche Schalen aufgestellt, in denen jeder eine brennende Kerze stecken konnte.

Wie aber soll es in Zukunft weitergehen, "wie geht der Ausstieg aus der Spirale von Hass und Gewalt?", fragte von Oettingen in seiner Predigt. "Wir sollten nicht nachlassen, von Liebe zu sprechen", empfahl der Pfarrer. Diese gebe auch die Kraft zur Versöhnung in einer gespaltenen Welt. 


 


26.04.2011, Taunus Zeitung
 

 

Faszinierender Abgrund

In der Erlöserkirche wird der Karfreitag musikalisch erfahrbar

Das Karfreitagsgeschehen als musikalisches Erlebnis – dieser Herausforderung stellten sich der Bachchor, das Offenbacher Kammerorchester und Sinfonietta Frankfurt in der Erlöserkirche.
Von Brigitte Gaiser

Bad Homburg. Es ist wie ein Aufschrei der Seele, als Lili Boulanger (1893–1918) im Alter von 24 Jahren, ans Bett gefesselt und den nahen Tod vor Augen, die Vertonung des Psalms 130 "Aus tiefer Not rufe ich, Herr, zu dir" vollendet. Ein Werk, das bereits sieben Jahre zuvor konzipiert war. "Du fond de l’abime" lautet der französische Titel, auf Deutsch "Aus den Tiefen des Abgrunds". Treffender hätte es nicht sein können.

Und folgerichtig kommt denn auch die Musik der Einleitung zunächst von tiefsten Orgel- und Tuba-Tönen, dann von Kontrabass und Kontrafagott und schließlich von hohen Streichern, die dissonante Figuren bis in höchste Höhen fortführen. Erst nach einem Bläserausklang fällt das Orchester ein, das den Eindruck von Verzweiflung und Zerrissenheit verstärkt.

Kurze freundlichere Stimmungen, Hoffnung auf Gnade, werden von einem kleinen Chor (die Frauen auf der Kanzel stehend, die Männer neben der Altistin Lena Naumann) und Harfe erzeugt, können sich aber nicht halten. In dunklem Moll, nach einem Aufschrei verklingend, beendet der Chor, der diesem ersten und komplizierten Werk mit großer Andacht und Konzentration gerecht wurde, Lili Boulangers Komposition.

Olivier Messiaen (1908–1992) erlebte 1931 die Uraufführung seines ersten Orchesterwerkes "Les offrandes oubliées" (Die vergessenen Opfergaben) in Paris. Das Orchester, Offenbacher Kammerorchester und Sinfonietta Frankfurt, spielte dieses Werk, dem Messiaen einen selbstverfassten Text voranstellte. In gewohnt brillanter Art, homogen und die einzelnen Stimmen fein aufeinander abgestimmt wussten die Musiker zu überzeugen.

Aus der mittelalterlichen Volksfrömmigkeit stammt der Text zu Francis Poulencs (1899–1963) Stabat Mater, einem Werk für Sopran, fünfstimmigen Chor und Orchester. Erst 1950 begann er diese Komposition, für die der Chor Hauptträger ist, das Orchester aber, obwohl in großer Besetzung, häufig schweigt.

Mit diesem Werk, das Szenen unter dem Kreuz und Bitten an Maria und Christus wiedergibt, endete das Programm, das von Kantorin Susanne Rohn genau auf das Karfreitagsgeschehen abgestimmt worden war.

Der große Bachchor der Erlöserkirche, der in lateinischer Sprache sang, beeindruckte und überzeugte die Hörer in der gut besuchten Erlöserkirche in solchem Maße, dass am Ende Beifall und Jubel nicht enden wollten. Zu Recht!
 



22.12.2010, Taunus Zeitung  

Wenn die Erlöserkirche zittert

In festlicher Stimmung, die Farben der Mosaike in der Apsis – Grün und Gold – wiederholten sich im mit goldenen Kugeln und Sternen geschmückten Weihnachtsbaum, erwartete die Kirche die Besucher. Und sie kamen alle, keiner ließ sich durch die Schneemassen vom Konzertbesuch abhalten, die Kirche war voll. Und, um es bereits an dieser Stelle zu sagen, der Kampfgeist wurde reich belohnt, wie man dem lang anhaltenden Beifall am Ende entnehmen konnte. Kein Wunder, hatten doch der Bachchor der Erlöserkirche und Mitglieder des Frankfurter Sinfonieorchesters unter Leitung von Susanne Rohn geladen. Als Solisten wirkten Heike Beckmann (Sopran), Britta Jacobus (Alt), Alexander Efanov (Tenor I), Ralf Petrausch (Tenor II) und ein Gastbassist als Vertretung für den erkrankten Ulrich Wand.

Mit reduziertem Chor und Orchester erklang zuerst die 1779 entstandene erste der beiden Vespern, die Mozat für den Salzburger Dom, wo er von 1772 bis 1781 Konzertmeister war, nach Vorgabe des Fürsterzbischofs Colloredo, die Vertonung knapp zu halten, komponiert hatte. So gibt es in diesem Werk nur wenige Text-Wiederholungen, mitunter sind die Texte der Psalmen 110 bis 113 und 117 und im Magnificat Lukas 1, 46 bis 55 sogar übereinander geschichtet.

Das Verhältnis zwischen den solistischen und chorischen Teilen der Vesper ist ausgewogen. Dagegen sind die solistischen Passagen in Schuberts Es-Dur-Messe, aufgeführt mit großem Chor und Orchester, eher selten. Das Werk ist ebenfalls in sechs Sätzen angelegt, nicht mehr nur für den Hof komponiert, sondern erstmalig auch gedacht für Aufführungen in Gemeindekirchen, und geht mit den zugrunde gelegten biblischen Texten sehr frei um, was Schubert zunächst neben der Tatsache, dass es für den Chor besonders schwierige Stellen gibt, große Kritik eingetragen hat, was sich in neuerer Zeit jedoch gerade positiv auswirkt.

Wegen der eher dunklen Stimmung der Musik wurde vermutet, dass Schubert Todesahnungen hineinkomponiert habe, denn tatsächlich starb er wenige Wochen nach Beendigung der Partitur nach nur 15 Jahren des kompositorischen Schaffens mit 31 Jahren.

Der Chor ist nicht umsonst einer der renommiertesten der Region, gut ausgebildet, homogen und sehr engagiert, über ein großes, flexibles Klangvolumen verfügend. Man wünscht sich nur bei den gemeinsamen Passagen mit Orchester eine noch deutlichere Artikulation der Texte.

Über leichte Unsicherheiten bei Einsätzen der Männerstimmen im Chor oder der Bläser konnte man des großartigen Gesamteindrucks wegen leicht hinwegsehen, den Susanne Rohn zusammen mit den besonders schönen Stimmen der Solisten durch ihre Arbeit und das klare, präzise Dirigieren geschaffen hat.

21.08.2010, Frankfurter Rundschau
 

Lächelnd im Mondlicht nach Hause

Für die mehr als 200 Sängerinnen und Sänger ist es ein Erlebnis gemeinsam die berühmteste Komposition von Carl Orff aufzuführen. Als die Stimmen zum „O Fortuna“ einsetzen, legt sich die Abendsonne über den Schlosshof und sorgt für eine zauberhafte Stimmung.

In der „Taberna“ schwiegen die weiblichen Stimmen. Dafür agierten sie im „Liebeshof“ umso lebhafter. Eine Herausforderung waren die „Carmina Burana“ aber für alle mehr als 200 Sängerinnen und Sänger, die am Mittwoch und Donnerstagabend diese berühmteste Komposition von Carl Orff (1895-1982) aufführten.

Begleitet von der Sinfonietta Frankfurt und dem Offenbacher Kammerorchester und unterstützt vom Chor des Kaiserin-Friedrich-Gymnasiums sowie dem Chor der Humboldtschule, gestaltete der Bachchor der Erlöserkirche unter der Leitung von Susanne Rohn zwei begeisternde Konzerte.

Musste die Aufführung am Mittwoch wetterbedingt in der Erlöserkirche stattfinden, in die beim besten Willen nicht mehr als 900 Menschen hineinpassen, so konnten am Donnerstag mehr als 1000 Zuhörer dem mittelalterlichen Reigen aus Frühlings-, Trink- und Liebesliedern im Abendlicht des Schlosshofs lauschen. Manche Dame hatte, dezent unter dem Arm gerollt, zum Open-Air-Konzert vorsichtshalber eine Wolldecke mitgebracht. Die diente dann aber meist nur als Sitzunterlage.

Zunächst spielten die beiden Orchester unter Susanne Rohns lebhafter Leitung die „Somerset Rhapsody“ von Gustav Holst (1874-1934). Der englische Komponist verarbeitet dort auf polyphone Weise englische Volkslieder. Die bukolische Grundstimmung dieses Stücks passte sehr gut als Vorspiel zu Carl Orff. Als dann die „Carmina Burana“ mit dem wuchtig-pathetischen „O Fortuna“ einsetzten, begann sich eine ungewöhnliche, beinahe zauberhaft zu nennende Stimmung in dem von der Abendsonne beschienenen Schlosshof auszubreiten. Eine Stunde lang lauschten 1000 Menschen konzentriert der Musik. Kein Flugzeuglärm, kein Martinshorn störte.

Eine besondere Leistung boten die Männerstimmen, die die Trinklieder „In Taberna“ mit großer Inbrunst alleine sangen. Die beiden Orchester agierten eindrucksvoll und technisch perfekt – wobei Orff den Blech- und Holzbläsern
sowie den Schlaginstrumenten ungewöhnlich viel zu tun gibt.

Beeindruckend war auch, mit welcher Hingabe und zarten Naivität die Jugendlichen der beiden Schulchöre im „Cour d“amours“ die Gesänge der Abteilung „Liebeshof“ meisterten.

Viele der Zuhörer, die sich durch die Schlosstore hindurch auf den Heimweg machten, trugen noch ein Lächeln auf den Lippen. Und am Himmel ging der fast volle Mond auf.


20.08.2010, Taunus Zeitung

Sinnenfroh, dramatisch, eigenwillig

Mehr als 200 Chorsänger, 64 Musiker und drei Gesangssolisten ließen die «Carmina Burana» von Carl Orff unter Leitung von Susanne Rohn am Mittwochabend in der Erlöserkirche zu einem musikalischen Erlebnis werden.

Bad Homburg. «Am denkwürdigen Gründonnerstag 1934 fand ich die ,Carmina Burana‘, Lieder aus Benediktbeuern. Gleich auf der ersten Seite die Abbildung der «Fortuna mit dem Rad», darunter die Zeilen: «O Fortuna / velut luna / statu variabilis. O Fortuna, wie der Mond so veränderlich wächst du immer oder schwindest!» Bild und Worte überfielen mich.» So beschreibt der Komponist Carl Orff (1895 – 1982) seine erste Begegnung mit den «Carmina Burana».

Den Zuhörern in der voll besetzten Erlöserkirche erging es am Mittwochabend nicht anders. Auch sie konnten sich der Musik und den Worten nicht entziehen, wurden von einem klanglichen Rausch in Besitz genommen, der so variantenreich ist wie das Leben: sinnenfroh und dramatisch, zuweilen obszön und spöttisch, mit eigenwilliger Melodik und Harmonie.

Davon kündet die Anthologie lateinischer, mittelhochdeutscher und französischer Lieder und Gedichte aus dem 13. Jahrhundert. Orff hat aus 250 Texten einen lebensbeschreibenden Reigen ausgewählt und vertont.

Dieses musikalische Ereignis wurde nun zu einem Höhepunkt des Kultursommers. Unter Leitung von Susanne Rohn zeigte sich ein großer Klangkörper – der Bachchor der Erlöserkirche und die Chöre des Kaiserin-Friedrich-Gymnasiums und der Humboldtschule, einfühlsam begleitet von der Sinfonietta Frankfurt und dem Offenbacher Kammerorchester – lebendig und ausdrucksstark in Bestform.

Wie eine Einstimmung auf das Werk Orffs klang das Auftaktstück, «A Somerset Rhapsody» des britischen Komponisten Gustav Holst, das heimatliche Volkslieder aufnimmt und in polyfoner Weise verknüpft. Es beginnt mit einer von der Oboe gespielten Hirtenmelodie, die die sommerliche Stimmung verbreitende Rhapsody bis zum Ende umspannt. Das Terrain für Orff war geebnet.

Schon die Platzierung der Musiker und Chorsänger war ein logistisches Meisterstück. Im Altarraum drängten sich 64 Musiker und 100 Mitglieder des Erlöserchors, die von 40 Schülern des Oberstufenchors sowie Eltern und Lehrern der Kaiserin-Friedrich-Schule und dem Unterstufenchor der Humboldtschule verstärkt wurden. Fünf Stimmen des Kinderchors der Erlöserkirche waren ebenfalls mit von der Partie.

Die Dirigentin Susanne Rohn schuf mit der ihr eigenen Verve lebendige Artikulation und glänzendes Zusammenspiel. Grandios setzten die 30 Bläser und vier Schlagzeuger Akzente in der sinnenfrohen Kantate, die nicht umsonst so populär ist. Kontrapunkt zu den teils komödiantischen, stakkatohaften, aber auch ohrenbetäubend lauten Passagen waren die Soli der Sänger, Meistern ihres Fachs, wie der Sopranistin Deborah Linn-Cole, des Tenors Pere Llompart und des Baritons Thomas Möller-Arnstadt. Das Publikum dankte zu Recht mit einem nicht enden wollenden Beifall. mad

 








18.06.2013, Taunus Zeitung

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