Was die Presse über uns schreibt.
Kritiken.

7. Februar 2018: Fünfstimmig und A cappella
28. November 2016: Sebastian Koch in der Wiesbadener Marktkirche
29. Juni 2016: Ahnte Max Reger, dass er bald sterben würde?
27. Juni 2016: Zwischen Bitterkeit und Balsam
30. Mai 2016: Als Zugabe Eichendorff
03. Juni 2014: Ein lohnendes Wagnis
05. April 2014: Passend zur Passion
31. März 2014: Kantate schlummert seit 1742 vergessen vor sich hin
27. Dezember 2013: Barocke Klänge zur Einstimmung aufs Fest
28. August 2013: Wunderbare Heldenverehrung
16. April 2013: In bester Form

16. April 2013: Helle Stimmen für einen Glockenturm
11. Dezember 2012: Die doppelte Uraufführung
2. Oktober 2012: Kammerchor lässt den Streit toben
28. August 2012: Die Brückenbauer
16. August 2012: Auf Zeitreise zurück in die Renaissance
21. Juni 2012: Auf der Spielwiese der Mehrstimmigkeit
06. März 2012: Schatzgräberin Susanne Rohn


7. Februar 2018, Taunus Zeitung

Fünfstimmig und A cappella

Chor und Musiker versetzen Publikum der Pfarrkirche St. Marien in Ekstase

Marienverehrung aus vier Jahrhunderten: Der Kammerchor begeisterte im Nachgang zu Mariä Lichtmess am Sonntag in der Bad Homburger Pfarrkirche.

Von Brigitte Gaiser

Die frisch renovierte katholische Stadtkirche von St. Marien war zu Beginn des Auftritts des Kammerchors der evangelischen Erlöserkirche voll besetzt. Programme gab es schon keine mehr, und noch immer eilten Gäste durch das Schneegestöber, um sich dieses Konzert nicht entgehen zu lassen.

"Ave Maris Stella" - den "Meerstern" zu grüßen, war der Kammerchor angetreten. Schon einmal hatte Kantorin Susanne Rohn mit ihren Sängern dieses Programm aufgeführt, in der Zeit der Ökumene, als St. Marien während der Renovierung der eigenen Kirche in der Erlöserkirche zu Gast war. Groß war dort die Begeisterung gewesen. Das Erlebnis sollte sich nun wiederholen. Um die Orgel und die Dirigentin gruppierten sich die Sänger, links Soprane und Tenöre, rechts die Alt- und Bass-Stimmen. Für den vier- bis achtstimmigen Chor hatte Claudio Monteverdi (1567-1643) sein "Ave Maris Stella" aus der "Marienvesper" nach einem lateinischen Text aus dem elften Jahrhundert komponiert.

Gesungene Bitten

Durch sieben Strophen hindurch besangen die Choristen in wunderbaren Klängen die Vorzüge der Gottesmutter und die vorgetragenen Bitten. Die Soloparts übernahmen mit hervorragend geschulten Stimmen Sibylle Hoffmann-Merz (Sopran), Myriam Jabaly (Alt) und Jan Schümmer (Bass). Ein Weben der fünf Stimmen umeinander erlebten die Zuhörer bei Carlo Gesualdo da Venosa (1566-1613) und seinem "Ave Regina coelorum" und zarte Süße mit dem "Ave dulcissima Maria", beides aus den Sacrae Cantiones (1603) für den Chor a cappella.

Die Bitte "Sancta Maria, ora pro nobis" hatte Girolamo Frescobaldi (1583-1643) der Orgel-Komposition zugrunde gelegt.





28. November 2016, Wiesbadener Kurier

Von Birgitta Lamparth

Sebastian Koch in der Wiesbadener Marktkirche

WIESBADEN - Hat er sich also doch getraut. „Schreiben Sie das lieber vorher noch nicht“, hatte Sebastian Koch im Gespräch vor seinem Auftritt in Wiesbaden gesagt. Er wisse ja noch nicht, wie seine Stimmung sei. Offenbar fühlte sich der Schauspieler aber bei seinem musikalisch-literarischen Abend „Und lauscht hinaus den weißen Wegen“ in der Marktkirche so wohl, dass er zum Schluss tatsächlich seine Akustik-Gitarre holte und spielte: Eine wunderschöne Interpretation von Bachs „Jesus bleibet meine Freude“.

Ein herzlich vom überraschten Publikum in der gut gefüllten, aber nicht ausverkauften Marktkirche beklatschtes Finale eines 90-minütigen Gastspiels, das mit dem sehr sympathischen, international gefragten Filmschauspieler und vor allem seiner einprägsamen Stimme bekannt gemacht hatte. Denn Koch las sitzend an einem Tisch im Altarraum seine Auswahl an weihnachtlichen Texten, sodass die meisten der Zuschauer ihn kaum sehen konnten, sondern eher Zuhörer dieser besonderen Stimme im Raum waren. Dafür wurden sie aber mit einem äußerst sicheren und pointenreichen Vortrag belohnt – und konnten mit dem Star beim Signieren seines weihnachtlichen Hörbuchs dann noch später auf Tuchfühlung gehen.

Die Idee zum Programm entstand 2015 beim Bad Homburger Poesie- und Literaturfestival, bei dem Koch schon seit acht Jahren eine Art „Artist in Residence“ ist, so Festival-Initiator Bernd Hoffmann bei der Einführung in den Abend, der musikalisch exzellent vom Kammerchor der Erlöserkirche Bad Homburg umrahmt wurde.

Für Sebastian Koch war es ein Wiedersehen mit Wiesbaden nach 28 Jahren. „Damals war ich mit einem Gastspiel aus Darmstadt hier im Theater – in ,Frühlings Erwachen‘“, erzählt er seinem Publikum. Und startet mit jenem Gedicht, das die Titelzeile seines Programms enthält: Rilkes „Advent“. Dessen tragische Geschichte vom „Christkind“ ist eine der längsten des Abends – und man spürt die Intensität, mit der Koch die ihm wichtige Erzählung der toten Förstertochter vermitteln will.

Aber es gibt auch die anderen, die heiteren Momente. Bei Axel Hacke und seinen guten Vorsätzen, die dann doch in Panikkäufen an Heiligabend enden; bei Gerhard Polt und seinem „schönsten Weihnachtserlebnis“, von Koch auf Schwäbisch gelesen; bei Hanns Dieter Hüschs „Feiertagen“. Und die besinnlichen wie bei Helga Meiers wunderschönem „Traurigen Weihnachtsbaum“ oder bei O‘Henrys „Geschenk der Weisen“. Alles im Wechsel mit dem bravourösen Chor und klassichen Weihnachtskompositionen.

Zum guten Schluss dann die Weihnachtsgeschichte nach Lukas. Unterfüttert dem engagierten Aufruf Sebastian Kochs, gerade in diesen Tagen die Werte der Demokratie hochzuhalten. „Die anderen sind jetzt noch lauter als wir, lassen Sie uns auch lauter werden und dafür kämpfen, wofür wir leben. Die Politik hat keine Antwort, und ich hoffe, dass wir eine finden.“ Fast eine Predigt im Gotteshaus. Auch das war mutig.


29. Juni 2016, Taunus Zeitung

Von Brigitte Gaiser

Ahnte Max Reger, dass er bald sterben würde?

Ein großartiges Konzert zu Ehren Max Regers zum 100. Todestag lockte am Sonntag von aussichtsreichen Bildern auf der Mattscheibe weg in die Erlöserkirche. Zwei Chöre gestalteten ein abwechslungsreiches Programm.

Bad Homburg. Welche Klangfülle und welch eine dynamische Weite und Tiefe brachten der Kammerchor der Stadtkirche Darmstadt unter Leitung von Christian Roß und der Kammerchor der Erlöserkirche unter Leitung von Susanne Rohn schon beim Morgengesang aus den „Acht geistlichen Gesängen“ von Max Reger (1873–1916)! „Der Mensch lebt und besteht nur eine kleine Zeit“ (Text: Matthias Claudius), erster Gesang aus diesem Opus 138, wurde von den beiden Chören an den Schluss gestellt.

Eine kleine Zeit nur blieb auch Max Reger für sein großes, kaum zu überblickendes Gesamtwerk, er wurde nur 41 Jahre alt. Und genau diese Partitur lag aufgeschlagen auf seinem Schreibtisch im Hotelzimmer in Leipzig, wo man ihn am 11. Mai 1916 fand. Vier- bis achtstimmig ist das Werk für Doppelchor gesetzt, die Schlichtheit fällt auf. Hat Reger damit auf seine Umwelt reagiert, die seine Werke oft zu schwer zum Aufführen fand? Hatte er Ahnung von seinem nahen Tod, wenn er ausgerechnet an diesem Lied arbeiten wollte, das einen fast archaischen Charakter aufweist? Tatsache ist, dass er am Abend noch mit einem Freund im Café verabredet war und diesen wegen Unwohlseins verließ.

Beide Chöre ebenbürtig


Eher heiter, besinnlich, auch beschwingt, sehnsüchtig waren die Beispiele aus den „Ausgewählten Volksliedern“ von Reger. „Liebesscherz“, „Das Sternlein“, „Liebchens Bote“ und „Das Mädchen vom Lande“ – unter Susanne Rohns prägnanter Leitung sang der Kammerchor intensiv und engagiert, die eigene Freude übertrug sich auf die Zuhörer, die in konzentrierter Stille lauschten.

Die Motette „O Tod, wie bitter bist du“, ebenfalls von Max Reger, sangen wieder beide Chöre. Sowohl die Komposition als auch die hervorragende Interpretation machten deutlich, dass Reger sich intensiv mit diesem Thema befasste. Bitterkeit, Ringen und am Ende als Wohltat empfunden, dann in Dur gehalten – letzte schwebende Klänge hüllten die Zuhörer in tiefer Ruhe ein.

Das Gedicht von Friedrich Rückert „Ich bin der Welt abhanden gekommen“ vertonte Regers Zeitgenosse Gustav Mahler (1860– 1911) für 16-stimmigen Chor, bearbeitet von Clytus Gottwald. Die beiden Chöre, einander absolut ebenbürtig, intonierten in perfekter Reinheit. Mit vier weiteren Volksliedern von Reger, versehen mit seiner ureigenen Handschrift, brillierte der Kammerchor aus Darmstadt.

Auch Richard Wagner (1813–1883) als Vertreter der Hochromantik hatte mit einer Naturbetrachtung und Gedanken über das Wesen des Menschen (Text: Mathilde Wesendonck) 16-stimmig seinen Platz im Programm. Bis zum hohen D waren die Soprane gefordert, drei Töne weiter als meist üblich. Glanzvoll und nicht zu überbieten eindrucksvoll sangen beide Chöre mit Mahlers „Urlicht“ vom Weg in die eigentliche Heimat. Endlos rauschender Beifall belohnte die beiden Chöre für ihre herausragende Leistung.



27. Juni 2016: Darmstädter Echo

Von Dorothea Buchmann-Ehrle

CHORMUSIK Zum 100. Todestag von Max Reger: Vielstimmiges Klanggewebe in der Darmstädter Stadtkirche

DARMSTADT - Das war schon eine kontrastreiche Melange, die die Chöre im 5. Konzert der Reihe „Vokal“ in der Stadtkirche boten: Geistliche kompositorische Schwergewichte alternierten mit lockerem Volksliedgut.
 

Das Wichtigste zuerst: Mit einem eindringlich gestalteten Memento mori eröffnete das durch Kooperation der Chöre aus Darmstadt und Bad Homburg auf 70 Sängerinnen und Sänger erweiterte Ensemble unter der Leitung von Christian Roß das Chorkonzert. Regers „Acht geistliche Gesänge“ mit ihrem barocken Vanitas-Gedanken haben aufrüttelnde Kraft. „Der Mensch besteht nur eine kleine Zeit“: Konzentriert und dicht gelang dem Doppelchor die archaische Prägung des Satzes.

Wer glaubt, Regers Musik sei nur komplex überladen – der Komponist Wolfgang Rihm nennt sie „übermöbliert” – wird hier belehrt: Mit den Volkslied-Bearbeitungen aus dem Jahre 1899 zeigt Reger, dass er kompositionstechnisch auch abrüsten kann. Ihm gelingt ein Kunstgriff. Trotz seiner detailreichen Textur bleibt das Wesen des Volksliedes erhalten. Jeder der beiden Chöre von Darmstädter Kantorei und Erlöserkirche Bad Homburg übernahm eine Liedersequenz. Leicht und tänzerisch gelangen die Sätze mit genauer Beachtung der notierten Lautstärke- und Tempoverhältnisse und Intonationssicherheit in der sanften Chromatik. Wie kann Roß die Stimmen so herrlich strömen lassen!

Zwei Verse voll Bitterkeit und Balsam liegen der Motette „O Tod, wie bitter bist du“ zu Grunde. In der achtstimmigen Reflexion über den Tod gelang der Perspektivenwechsel, mit dem Reger sein Werk durchleuchtet, äußerst prägnant. Da ist der Tod mal brutaler Sensenmann und dann Wohltäter, in der musikalischen Korrespondenz hier Dissonanzen als Schmerzenssymbole und dort die Auflichtung durch den Wechsel nach E-Dur. Die Dirigentin Susanne Rohn zauberte temperamentvoll ausgreifend packende deklamatorische Unisono-Kraft. Da ist spürbare Ergriffenheit in den Schlusswendungen, in denen nach wildem Ritt die Beruhigung eintritt und der Satz homophon im allerzärtlichsten Piano verklingt.

Die vereinte Sängerschar konnte in den anspruchsvollen Wagner- und Mahler-Transkriptionen von Clytus Gottwald die sinnliche Qualität der Chormusik offenbaren. Der Chorspezialist und Musikwissenschaftler nennt seine originellen vokalen Umformungen der sinfonischen Vorlagen bescheiden „Reflexion auf das Original“. Was für ein herrliches Geschenk für alle Kantoren! Das sind echte Chorjuwelen, deren spätromantisch verwebte Harmonik Zeit und Raum vergessen lässt.

Aus Mahlers Rückert-Liedern erklang der Innerlichkeit zelebrierende Satz „Ich bin der Welt abhandengekommen“, in dem Christian Roß dem Chor mit ruhigem Gestus das schönste Legato entlockt. In irisierender Harmonik erklangen die schwärmerisch-schwermütigen Texte von Mathilde Wesendonck. „Im Treibhaus“, da ist schönes Schaudern garantiert und in der Bearbeitung von Mahlers „Urlicht“ ziehen allmystische Momente den Hörer ganz in den Bann der Musik. Der gut harmonierende Chorverbund erfreute mit reicher Klangfarbenpalette, dynamischer Ausdifferenzierung, und klarer Deklamation. Die Zuhörer applaudierten begeistert nach diesem Hörfest.


30. Mai 2016, Taunus Zeitung

Als Zugabe Eichendorff

Von Brigitte Gaiser

Mit weltlichen Chorsätzen traten erstmalig der Kammerchor der Erlöserkirche und der Jugendchor Hochtaunus gemeinsam mit einem beschwingten und besinnlichen Programm auf.

Von Wald und bewegtem Nachtleben ums Feuer erzählt das „Zigeunerleben“ von Emanuel Geibel. Robert Schumann (1810–1846) zeichnete in einem wunderschönen Chorsatz das nächtliche Treiben nach und die beiden Chöre erweckten die Kunst in der Erlöserkirche zu neuem Leben. Mit vier Volksliedern brillierte der Kammerchor unter Leitung von Susanne Rohn. „Liebesscherz“, „Das Sternlein“, „Liebchens Bote“ und „Das Mädchen vom Lande“ von Max Reger (1873–1916), anspruchsvoll zu singen, drückten auf gekonnt interpretierte Weise unterschiedliche Stimmungen aus.

„With a little help from my friends“, von John Lennon und Paul McCartney einst für die Beatles geschrieben und von Jens Johansen arrangiert, aus frischen Kehlen vom Jugendchor mit Begeisterung gesungen, motivierte auch die Zuhörer, sich den jazzigen Rhythmen hinzugeben. Ganz der Erfahrungswelt der Jugendlichen Sänger entspricht auch „Das Beste“ von Silbermond, arrangiert von Matthias E. Becker.

Chorleiter Tristan Meister hat seine junge Truppe gut im Griff, trägt ihrem Geschmack mit der Liedauswahl Rechnung, fördert und fordert sie geschickt und sehr gekonnt. So können sie sich jetzt mit sehr guten Aussichten auf einen Preis mit einer Auswahl ihres Programms beim Chorwettbewerb in Stuttgart präsentieren. Kurz und bündig war auch der Sprechgesang „Personalia“ des Finnen Einojuhani Rautavaara (*1928). Auf eine alte irische Melodie geht die Ballade „The Star of the County down“ zurück, arrangiert von Douglas Wagner, allein von den Jungen lyrisch zart gesungen. Mit dem „Nachtlied“ von Max Reger, mit „Let all mortal flesh keep silence“ von Edward C. Bairstow (1874–1946) und dem meditativen „O nata lux“ von Morten Lauridsen (*1943) setzte sich wieder der Kammerchor auf bewährt hohem Niveau in Szene.

Die Zuhörer ließen sich von jeder gesungenen Stimmung beeindrucken und gingen sehr konzentriert, oft beflügelt oder berührt mit. Und wieder der Jugendchor, frisch, lebendig, voll Sangesfreude, eine Auswahl der besten jungen Sänger im Hochtaunus, mit fünf Liedern. „Och jungfrun hon gar i ringen“ des Schweden Hugo Alfvén (1872–1960), die Melodie als Volkslied zum Text „Zum Tanze, da geht ein Mädel mit güldenem Band“ auch hier bekannt, kam so herzerfrischend gut, dass auch der Kammerchor seine Begeisterung ausdrückte.

Alle beschwingt und hoch motiviert mit „Eine neue Liebe“, arrangiert von Oliver Gies, dann „My baby just cares for me“ , von Jonathan Quick (*1970), mit beeindruckendem und von allen bejubeltem Jungensolo „Loch Lomond“ und „Stars“ von Eriks Ešenvalds (*1977). Hierzu erklangen als Sphärenmusik Glasglocken. Der Rahmen wurde von beiden Chören gemeinsam geschlossen mit dem Jagdlied von Felix Mendelssohn Bartholdy (1809–1847). Ein begeisterndes Konzert war zu Ende, als Zugabe eines der schönsten deutschen Lieder, „O Täler weit, o Höhen“ (Eichendorff/Mendelssohn).



03. Juni 2014, Taunus Zeitung

Ein lohnendes Wagnis

Von Martina Dreisbach

Bei der vierten Lesung des Poesie- & Literaturfestivals trug der Schauspieler Hanns Zischler Auszüge aus Dantes „Göttlicher Komödie“ in der Erlöserkirche vor. Das literarische Wagnis, eingebettet in Renaissancemusik, wurde zum glückhaften Erlebnis.

Bad Homburg. Gleich drei Ausrufungszeichen stehen im Programm hinter der vierten Lesung des „5. Bad Homburger Poesie- &Literaturfestivals“. Dante Alighieris „Inferno“, die „Göttliche Komödie“, ist Weltliteratur. Nicht wenige derer, die am Sonntagabend vornehmlich wegen des Schauspielers Hanns Zischler in die Erlöserkirche gekommen waren, werden das 14 000 Verse lange Epos aus dem 13. Jahrhundert nun mit Zischlers Stimme verbinden – und sich in Ruhe selbst daran wagen.

Von einem Wagnis mit Dante sprach auch Bernd Hoffmann, der künstlerische Leiter des Festivals. Doch Zischlers kluge Auswahl des in Gesänge gegliederten Texts und die von der Kantorin Susanne Rohn ausgewählte Renaissance-Musik für bis zu vier vierstimmige Chöre, die vom Johann-Rosenmüller-Ensemble auf historischen Instrumenten begleitet wurden, geleiteten die Zuschauer trefflich durch die Wucht des Texts.

Die elegische Atmosphäre der gut besetzten Erlöserkirche, der Lichtzauber sanfter Blau- und Rottöne in der Apsis und der zum Nachsinnen wie geschaffene Gesang des Kammerchors unter Leitung von Susanne Rohn trugen das Publikum gleichsam auf Flügeln durch das Epos.

Das „Inferno“ von Dante Alighieri (geboren 1265) entstand zwischen 1307 und seinem Todesjahr 1321. Eine Komödie ist, wie Zischler eingangs anbrachte, das Epos, in dem der Dichter in Ich-Form seine Wanderung durch die drei Reiche der Toten beschreibt, allenfalls, weil es in der „Düsternis entsteht und froh endet“. Auf die Hölle folgen das Purgatorium mit der Buße und das Paradies. Dante schreibt bildreich, führt den Dichter Vergil als Person ein, der ihm rät: „Du musst auf einem anderen Weg gehen, wenn du aus dieser Wildnis willst entfliehen.“


Die Hölle ist eine Seuche


Zischler sagte, er habe den Zugang zu Dante über den russischen Dichter Ossip Mandelstam gefunden, der um 1930 die „Gespräche mit Dante“ schrieb. Die Hölle habe keinen Inhalt oder Umfang, heißt es bei ihm, sie breite sich aus wie eine Seuche.

Hanns Zischler liest den Text nach der Manier eines breiten Flusses, der sein Wasser führt, zumeist geruhsam, dann aber wie bei Stromschnellen Tempo aufnehmend. Sein auch von Hörbüchern geschulter Duktus ist wie gemacht für die Terzinen, die von Dante geschaffene italienische Gedichtform aus drei Verszeilen à elf Silben in der Übersetzung von Karl Vossler von 1942; nicht einer gereimten, sondern gebundenen Variante, die er eigens für die Lesung ausgesucht habe.

Wie eine musikalische Entsprechung für die infernalischen Wege klangen das Echo in „Surge propera“ (Giovanni Paolo Cima) und der in vier Chöre geteilte Chor für vier Stimmen etwa von Hieronymus Praetorius oder Giovanni Gabrieli am Altar und von den Emporen herab. Balsam das finale „Jubilate Deo“ für achtstimmigen Chor und Instrumente von Giovanni Gabrieli, dem langer Beifall folgte.

31. März 2014, Usinger Anzeiger

Kantate schlummert seit 1742 vergessen vor sich hin

KONZERT Kammerchor der Erlöserkirche, Orchester und Regine Strasburger treten auf

WEHRHEIM - (cju). Der Kammerchor der Erlöserkirche Bad Homburg und ein kleines Orchester sowie Regine Strasburger an der Orgel haben am Samstagabend den Auftakt der Konzertreihe in der evangelischen Kirche bestritten. Selten war die Kirche voller als an diesem Abend – und, dass dieses Interesse mehr als verdient war, bewiesen Chor und Orchester in ihrem Zusammenspiel. Unter dem Stichwort „Seht, Gottes Lamm“ kamen Johann Sebastian Bach, Christoph Graupner und Joseph Haydn zu Gehör. Mit einigen Solisten, die ihren jeweiligen Gesangspart gut beherrschten, ging das Konzert wie im Fluge vorbei. Einzig die Sorge um ein älteres Chormitglied, welches in der Pause einen Schwächeanfall erlitt, trübte die Freude über das Gehörte.

Johann Sebastian Bach ist ein herausragender Künstler des Barock. Zwar gerieten nach seinem Tod 1750 seine Werke ein wenig in Vergessenheit, doch mit der Aufführung seiner Matthäus-Passion unter Leitung von Felix Mendelssohn-Bartholdy im Jahr 1829 begann eine Renaissance seiner Werke und sie gehören inzwischen fest ins Repertoire eines jeden klassischen Musikers. Mit der Kantate „Ach Gott, wie manches Herzeleid“ begann das Konzert vielschichtig und stimmlich einwandfrei. Die Besucher konzentrierten sich auf das Gebotene und genossen es.

Im zweiten Teil des Konzertabends kam noch die Kantate „Allein zu dir, Herr Jesu Christ“ zu Gehör. Die Kantaten von Johann Sebastian Bach haben in dieser Gattung eine derartige Bekanntheit erlangt, dass sich für sie der eigene Begriff Bachkantate eingebürgert hat. Unterschieden wird zwischen Kirchenkantaten und weltlichen Kantaten. Bach hatte als Kirchenmusiker die Aufgabe, im sonntäglichen Gottesdienst eine Kantate darzustellen. Als Texte dienten dabei die jeweiligen Bibeltexte oder Predigten, die an diesem Feiertag Thema waren. Zumeist beginnen seine Kantaten mit einem Eingangschor, gefolgt von einem Solo und dem Schlusschor oder Choral. In dieser regelmäßigen Pflicht stehend, entwarf der Komponist dennoch regelmäßig Kleinode, die zu Recht auch heute noch aufgeführt werden. Bach hat etwa 200 Kantaten im Zuge seines Schaffens komponiert.

Das ist fast nichts im Vergleich zu Christoph Graupner, einem Zeitgenossen Bachs, der in Darmstadt wirkte. An die 1400 Kantaten hat er im Laufe seines Lebens komponiert und diese sind, leider, stellenweise in Vergessenheit geraten. So war sich denn auch Regine Strasburger sicher, dass eine der am Samstagabend gespielten Kantaten seit 1742 nicht mehr aufgeführt worden war, da sie im Staatsarchiv vor sich hin schlummerte. Die Notenbögen mussten auch erst für die Musiker transferiert werden, damit sie aufspielreif waren. Dass sie dennoch keine Patina angesetzt hatten, dafür sorgten Chor, Solisten und Orchester. Mit „Gott will mich auch probieren“ und nach der Pause „Seht, Gottes Lamm geht hin zum Leiden“ war eine gute Auswahl getroffen worden.

Salve Regina – dieses Werk von Joseph Haydn machte den Abschluss im ersten Teil und zeigte eine andere Form von Musik. Natürlich Klassik, aber 30 Jahre nach den beiden anderen Komponisten entstanden, und ein Bestandteil der Wiener Klassik, war Haydns Beitrag zu diesem schönen Konzert ein gut gewählter. Das Publikum war begeistert und dankte den Vortragenden mit viel verdientem Applaus.
 


27. Dezember 2013, Taunus Zeitung

Barocke Klänge zur Einstimmung aufs Fest

Von Brigitte Gaiser

Ein Weihnachtsgeschenk schon vor dem Fest offerierte der Kammerchor der Erlöserkirche mit Susanne Rohn am vierten Advent. Mit von der Partie und wesentlich am Geschehen beteiligt waren fünf Gesangssolisten und das Johann Rosenmüller-Ensemble.

Bad Homburg.

Mit einer 400 Jahre alten Musik wartete Susanne Rohn am Sonntag mit ihrem Kammerchor auf, der Marienvesper von Claudio Monteverdi (1567–1643). Vesper, aus dem lateinischen vespera, ist Abend, Abendzeit und bezeichnet im liturgischen Sinne ein Abendgebet. Allein im 16. und 17. Jahrhundert entstanden außer Monteverdis noch fünf weitere erhalten gebliebene Werke von namhaften Komponisten wie di Lasso, Rosenmüller und Biber, ausgehend von den Hymnen und Psalmen der Marienvesper.

Mit dem Johann Rosenmüller-Ensemble konnte Susanne Rohn ein Orchester zur Begleitung gewinnen, das sich mit dem Namenspatron ganz auf Barockmusik spezialisiert hat und auch auf Nachbildungen barocker Instrumente spielt. Wunderschön klare weiche Töne entlockten drei Bläser ihren Zinken, leicht gebogenen Holzinstrumenten, die wegen des Kesselmundstücks doch zu den Blechblasinstrumenten zählen. Posaunen, Theorbe, Violone, Orgelpositive und drei Violinen, und nicht zu vergessen Psalterium und Pauke, gehörten außerdem zum behutsam und hervorragend begleitenden Orchester.
 

Sehr gut eingestimmt war auch der Kammerchor, in Wechselgesängen zwischen Frauen- und Männerstimmen und im bis zu achtstimmigen Doppelchor zeigten sich die Sängerinnen und Sänger den Besonderheiten dieser reich verzierten frühbarocken Musik gut gewachsen. Und dass ein Choreinsatz daneben ging, tat der Gesamtleistung rein gar keinen Abbruch, im Gegenteil, die übrige Perfektion der Aufführung hob sich dagegen noch weiter positiv ab.

Die fünf Gesangssolisten waren so ausgewählt, dass sich Simone Schwark mit klarem hellem Sopran unterschied vom warmen Sopran von Annegret Schönbeck, wie auch die beiden Tenöre Benoît Haller und Hans Jörg Mammel unterschiedliche Klangfarben boten. Rolf Ehlers sang die Partien des Altus und Richard Logiewa übernahm den Bass. Als hervorragende Barockinterpreten boten sie alle fünf perfekte Intonation und Zusammenklang.

Kirchenhall überwinden

Besondere Klangwirkungen erzielte Susanne Rohn auch, indem sie Mammel als Vorsänger zur Einleitung von der Kanzel herunter singen ließ oder wenn die Tenöre wie beim Laetatus sum (Psalm 121) von den beiden Seiten-, der Bass von der Orgelempore herunter die Soli zum sechsstimmigen Chor sangen. Letzteres ist besonders schwer, da der Hall der Kirche überwunden werden muss, um dennoch zum perfekten Zusammenklang zu kommen; es gelang mit perfekter Präzision durch Susanne Rohns prägnantes Dirigat. Wunderbare und oft überraschende Echowirkungen wurden erzielt, wenn Benoît Haller oder einer der Instrumentalisten hinter dem Lettner sang oder spielte.

Insgesamt war dieses Werk Monteverdis, der in seinem Leben mit Widrigkeiten zu kämpfen hatte, ein besonderes Erlebnis und wurde mit viel Beifall und Sonderapplaus für herausragende Leistungen bedacht. Ovationsstürme gab es für Susanne Rohn, die sich ihrerseits vor der Leistung ihres Chors verneigte.



05. April 2014, Taunus Zeitung

Passend zur Passion

Von Gerrit Mai

Ausgezeichnete Chormusik, begleitet von erstklassigen Solisten und Instrumentalisten, sowie eine hervorragende Akustik in der evangelischen Kirche. Daran erfreuten sich rund 150 Zuhörer.

Wehrheim.

Christoph Graupners Werke sind zwar vollständig erhalten, sie warten aber in der Unversitäts- und Landesbibliothek Darmstadt immer noch darauf, bearbeitet zu werden. Jan Schümmer, Ehemann der Organistin Regine Strasburger, die seit mehr als 25 Jahren in der evangelischen Kirche hochkarätige Konzerte organisiert, hatte diese Werke entdeckt. Er ist zudem Bassist im Kammerchor der Erlöserkirche Bad Homburg, und für ihn hatte er einige Kompositionen bearbeitet.

Kraftvoller Ausdruck

Die rund 50 Sänger und Instrumentalisten unter Leitung von Mareike Hilbrig und Susanne Rohn stellten den gut 150 Zuhörern den unbekannten Meister aus der Zeit Johann Sebastian Bachs vor, der ebenfalls die Thomasschule in Leipzig besucht hatte und in Darmstadt gestorben ist. Das Passionskonzert stand unter der Überschrift „Seht, Lamm Gottes“, und die war auch Titel einer Kantate Graupners. Chor, Orchester und Solisten vermittelten die Stimmung der Passionszeit empfindsam und einfühlsam mit kraftvollem Ausdruck in hervorragender Weise. Das Konzert bestätigte, dass der Auswahlchor der Erlösergemeinde einer der besten der Region ist. Die Sänger andererseits lobten die Akustik der Kirche. Auch die Bürgy-Orgel kam unter den Händen von Regine Strasburger zum Einsatz. Die Orgel wurde im 18. Jahrhundert von Johann Conrad Bürgy gebaut, der auch für das Instrument der Schlosskirche in Bad Homburg verantwortlich war.
 

Passend zur Passionszeit hatte der Chor auch zwei Kantaten von Bach mitgebracht. „Ach Gott, wie manches Herzeleid“ und „Allein zu dir, Herr Jesu Christ“ waren wie die von Graupner im Kantate-Muster von Choral, Rezitativ, und Arie sowie einem weiteren Chor-Einsatz am Ende aufgebaut. Auch ein Zeichen für die Qualität des Chores: Die Solisten – Maja Guttentag, Anita Schumbert, Sybille Hoffmann-Merz (alle Sopran), Kerstin Klein, Susanne Rohn (beide Alt), Norbert Gutmann (Tenor) und Jan Schümmer (Bass) kommen aus den eigenen Reihen.
 

Ein Kontrast zu den Kantaten als Zeugnissen evangelischer Kirchenmusik des späten Barock, aber ebenfalls brillant interpretiert, war Joseph Haydns „Salve Regia“ aus der katholischen Wiener Klassik. Der nicht enden wollende Schluss-Applaus war daher mehr als verdient.




28. August 2013, Taunus Zeitung

Wunderbare Heldenverehrung

Erlöserkirche würdigt bekannte und unbekannte Komponisten - Publikum begeistert


Jubilare, bekannte und weniger bekannte, wurden am Sonntag auf würdige Weise in der Erlöserkirche geehrt.
 

Bad Homburg. „Heldenverehrung“ wollte Susanne Rohn mit dem Konzert am Sonntag in der Erlöserkirche betreiben, für Komponisten, denn diese sind „die wahren Helden. Sie schaffen . . . unter oft widrigen Umständen große Kunst, sie erfinden Dinge, die der Menschheit niemals schaden, sie bringen Poesie, Energie und Lebenssinn in die Welt“, so schrieb sie im Programmheft. „Wir führen die Werke der Jubilare auf und erfreuen damit posthum die Komponisten, aber vor allem auch uns selbst und unser Publikum! Ein Gewinn auf allen Seiten also. . . “ Und sie sollte Recht behalten!

Beim Umtrunk, zu dem der Förderverein anlässlich dieses Ereignisses eingeladen hatte, waren ausschließlich frohe, erfüllte Gesichter zu sehen und bekräftigten damit noch mehr, was die Begeisterungsstürme am Ende des Konzerts bereits ausgedrückt hatten.
 

Das Jahr 2013 bietet fast 200 Komponisten mit sogenannten „runden“ Gedenktagen zur Auswahl, die bis zu 450 Jahre zurückgehen. Dem Größten unter ihnen war bereits im Juni mit einer konzertanten Aufführung seines Parsifal zum 200. Geburtstag mit dem Bachchor unter Susanne Rohn gehuldigt worden. Festival Te Deum op. 32 von Benjamin Britten (1913-1976) eröffnete nun das Konzert, das dieser nach seiner Rückkehr in die Heimat, aus der er als Pazifist in die USA geflohen war, 1944 komponiert hatte.

 

Durch die Jahrhunderte

Chor und Orgel brachten eindrucksvoll zu Gehör, wie auch die dramatischen Hintergründe der Zeit mit dem Lobgesang verarbeitet wurden. Drei Madrigale des italienischen Komponisten Carlo Gesualdo da Venosa (1566-1613) aus dem Jahre 1611 wiesen viele so moderne Elemente auf, dass damit die Zeitspanne überbrückt wurde, die über Pater noster (1880) und Ave Maria (1897) von Giuseppe Verdi (1813-1901) ins 20. Jahrhundert führte.
 

Der Chor, bis hierhin schon sehr gefordert, bekam eine kleine Pause, während Susanne Rohn die 2. Sonate für Orgel (1937) von Paul Hindemith (1895-1963) in virtuoser Weise spielte. Ebenso bis 1963 lebte der 1895 in Paris geborene Francis Poulenc. Sein 1941 komponiertes Salve Regina war eine weitere Herausforderung für den Kammerchor, der sehr behutsam intonierte und die dem Text gemäße klangliche Vielfalt meisterhaft zur Geltung brachte, wie auch in den folgenden Six Chansons von Hindemith über verschiedene Tiere, Jahreszeiten und den Obstgarten nach einem Gedicht von Rilke.
 

Und noch einmal stand Hindemith auf dem Programm mit dem Scherzo aus 3 Stücke für Violoncello und Klavier op. 8, 1917 komponiert, kurz bevor er als Militärmusiker mit seinem Infanterieregiment ins Elsass verlegt wurde. Wie der Name schon sagt, handelt es sich dabei um fröhliche ausgelassene Musik, eindrucksvoll und trotz ihrer Jugend brillant auf dem Cello interpretiert von Mona Ernst, begleitet am Klavier von ihrer Mutter Birgit Bach-Ernst. Hatte das Publikum bisher allem intensiv, konzentriert und in sich gekehrt gelauscht, brach sich nach dieser Darbietung die Begeisterung in lautstarkem Applaus Bahn.
 

Den Schluss des Konzerts verdankte das Publikum wieder Britten mit Rejoice in the Lamb op. 30 aus dem Jahre 1940, auch dies ein freudiges Loblied auf den Schöpfer und sein Werk, in dem unter anderem auch einmal eine Maus mit ihrer persönlichen Tapferkeit besungen wird. Sibylle Hoffmann-Merz (Sopran), Kerstin Klein (Alt), Roman Bär (Tenor) und Jan Schümmer (Bass) übernahmen die solistischen Parts in diesem interessanten und höchst anspruchsvollen Werk.
 

Es ist begeisternd, wie der Chor sich zusammen mit seiner Dirigentin den besonderen Herausforderungen der modernen Musik stellt und diese bravourös meistert. Dies honorierte das Publikum mit seinen Ovationen und durfte dafür noch einmal das Salve Regina hören.

(Brigitte Gaiser)


16. April 2013, Frankfurter Neue Presse

In bester Form

Kammerchor der Erlöserkirche sorgt für hervorragendes Klangerlebnis

Von Frank Saltenberger
Susanne Rohn und ihr Kammerchor entzückten die Liebhaber der Chormusik. Außerdem brachten sie den Glockenturm der Neu-Anspacher Trauerhalle ein Stück voran.

Neu-Anspach. „Ich kann Ihnen ein hervorragendes Konzert versprechen“, sagte Herbert Jack als Vertreter der Bürgergruppe Gedenk- und Trauerhalle, als er den Kammerchor der Erlöserkirche Bad Homburg ankündigte, und er bezog sich mit seinen Worten auch auf die hervorragende Akustik des Zentralbaus. Und wie er nach fast eineinhalb Stunden Konzert höchst einvernehmlich mit dem Publikum feststellte, hatte er keine falschen Versprechungen gemacht.

Das hatte mehrere Gründe. Das Programm beispielsweise war anspruchsvoll und unterhaltend zugleich, die Sänger waren in bester Form, und das Ganze wurde präsentiert von Susanne Rohn, die an sich schon ein Garant für hervorragende musikalische Produktionen ist. Sie ist Kantorin der Erlöserkirche, unterrichtet an der Hochschule für Musik in Mainz Orgel und ist als studierte Kirchenmusikerin ausgebildete Solistin und Dirigentin. Da kommen Komponenten zusammen, die sich in den Konzerten unter ihrer Leitung addieren und verstärken, und allein ihr Dirigat ist ein Katalysator für musikalische Spitzenleistung.

Rezipieren und genießen

Gestenreich fordert sie nicht nur die unbedingte Aufmerksamkeit ihrer Sänger ein, sondern spitzt auch die Aufmerksamkeit des Publikums zu, das dankbar der Interpretationshilfe folgen, keine Dosierung oder Forcierung verpassen und damit die Werke ungeschmälert in der Gestaltung und Interpretation der Chorleiterin rezipieren und genießen kann.

„Chormusik der Renaissance und der Romantik“ stand auf dem Programm, und das erklang vier-, fünf- und sechsstimmig mit Orgel und schaltete hoch bis in den achten Gang mit dem achtstimmigen „Richte mich Gott“ von Mendelssohn Bartholdy als Höhepunkt des vokalen Klanges.

Geistliche Musik, und - wenn man so will - der Trauerhalle mitunter etwas angepasst, beispielsweise durch das vierstimmige Werk „Ich bin die Auferstehung“ des sächsischen Kantors Gallus Dressler, der von 1553 bis 1585 gelebt hat, war auch zu hören.

Aber es ging auch fröhlich zu: „Sei fröhlich allezeit“, ein fünfstimmiger Satz von Johann Eccard (1553-1611) aus Thüringen, klang durchaus weltlich. „Er gebe uns ein fröhlich Herz“ hieß es in der Komposition des Thomaskantors Johann Herrmann Schein (1586-1611), eine sechsstimmige Motette mit Continuo, und das spielte an der kleinen Orgel Chormitglied Birgit Bach-Ernst, die das Konzert zugunsten des Glockenturmes der Trauerhalle angebahnt hatte.

Auch Susanne Rohn setzte sich an die kleine Orgel mit sieben Registern, und darauf erklangen ganz munter und rustikal vier Tänzchen, zwei Galliarden und zwei Allemandes. Außerdem spielte sie ein Offertorium und eine Toccata von Michelangelo Rossi. Aber die Orgelstücke konnten in diesem Maßstab den Vokalwerken keineswegs die Schau stehlen.

Und wenn einer einem die Schau stahl, dann - Renaissance hin, Romantik her - war es Rachmaninov, mit dem der Chor Mendelssohn noch in den Schatten stellte. Drei Stücke aus der Vesperliturgie „Allnächtliche Vigil“ trug der Chor vor, und noch einmal zeigte sich, wie Rohn Herrin über die Zwerchfelle ihrer Sänger ist, die messerscharf intonieren, punktgenau ausklingen, jeder ihrer zum Teil weit ausladenden Handbewegungen folgen, mit der sie die Stimmen bis zur letzten Schwingung harmonisch interferieren lässt.

So sorgten die 35 Sänger für ein hervorragendes Klangerlebnis unter dem polygonalen Zeltdach der Trauer- und Gedenkhalle, das mit der Hilfe aus der Kurstadt bald von einem Glockenturm mit spitzem Helm Konkurrenz bekommen soll.


16. April 2013, Usinger Anzeiger

Helle Stimmen für einen Glockenturm

Benefizkonzert mit dem Kammerchor der Erlöserkirche Bad Homburg in der Trauerhalle – Anspruchsvolles Repertoire

(ugo). Nach zögerlichem Vorverkauf haben sich die Bedenken der Organisatoren am Sonntagabend schnell in Luft aufgelöst. Die Trauerhalle war bis auf den letzten Platz besetzt. Was die Gäste zu hören bekamen, war vom Feinsten.

Mit seinem anspruchsvollen Repertoire faszinierte der Kammerchor der Erlöserkirche Bad Homburg ein restlos begeistertes Publikum. Auch der Wettergott meinte es gut. Die Sonne fiel zum Konzertbeginn schräg in die kunstvoll gestalteten Fenster und zauberte eine ganz besondere Atmosphäre in den Raum. Die kobaltblauen Scheiben um das Kreuz bildeten einen schönen Kontrast zu dem in Schwarz-Weiss gekleideten Chor. Der hatte Chormusik der Renaissance und der Romantik mitgebracht. Bekanntes und weniger Bekanntes wechselten sich ab.

Chorleiterin Susanne Rohn zeigte, dass sie nicht nur hervorragend dirigieren kann, sondern auch eine hervorragende Virtuosin an der Orgel ist. Sie spielte zunächst vier Tänze aus dem frühen 17. Jahrhundert. Neben Werken von William Byrd, Martin Peerson und Peter Philips war auch ein Stück eines unbekannten Komponisten aus England zu hören. Es folgten später noch die „Toccata settima“ von Michelangelo Rossi (17. Jahrhundert) und das „Offertorio“ von Giovanni Morandi (19. Jahrhundert). Rohns Spiel ist bei aller Professionalität so leidenschaftlich, dass es dem einen oder anderen sicherlich Schauer über den Rücken laufen ließ. Der Gesang des Chores war dem ebenbürtig. Auch hier war es zeitweise so still im Raum, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können, wäre da nicht gesungen worden.

Ob tragisch und schwer oder fröhlich und leicht, die jeweilige Stimmung der Werke war stets gegenwärtig und spürbar. Mit „dem Ego flos campi „(Jacobus Clemens Non Papa, 1510-1556), einem Hohelied Salamons, wurde das Konzert eröffnet, gefolgt von „Ich bin die Auferstehung und das Leben“ (Gallus Dressler, 1553-1585), „Sei fröhlich alle Zeit“ (Johann Eccard, 1553-1611) und „Nu danket alle Gott“ in einem Satz von Johann Hermann Schein (1586-1630). Von Verzweiflung getrieben sind die Themen der Stücke des Komponisten Carlo Gesualdo da Venosa und auch dieses haben die Sänger sehr gut umgesetzt. Kennzeichnend für Gesualdo die plötzlichen Tonartwechsel und Dissonanzen zur Verdeutlichung der Stimmung, sodass der „gesungene Schmerz“ fast körperlich spürbar wird. Versöhnlicher, aber besonders mächtig, das „Richte mich Gott“ von Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847), welches achtstimmig vorgetragen wurde. Hier wurde deutlich, wie exakt der Chor singt. Die Einsätze der Stimmen, das An- und Abschwellen der Lautstärke, die gesamte Intonation war perfekt und beeindruckend. Nach dem fünfstimmigen „Pater Noster“ (Giuseppe Verdi, 1813-1901), eine Umdichtung des „Vaterunser“ von Dante Alighieri, hatte der Chor zum Abschluss etwas ganz Besonderes vorbereitet. Aus der „Allnächtlichen Vigil“ op. 37 (Sergej Rachmaninov, 1873-1943) waren zu hören „Priidite, poklonimsja“, „Voskresenije Christovo videvsche“ und „Bogorodize Deco“. Ein fulminantes Ende eines wunderbaren Konzertes, aus dem der Chor nicht ohne Zugabe entlassen wurde. Zur Aufführung kam noch einmal „Nu danket alle Gott“ unter der Orgelbegleitung von Birgit Bach-Ernst, die auch die gesamte musikalische Organisation im Vorfeld übernommen hatte.

Der Sprecher der Bürgergruppe Trauerhalle, Herbert Jack, dankte ihr, Chorleiterin Rohn und dem gesamten Chor für dieses außergewöhnliche Benefizkonzert, das zugunsten der Errichtung eines Glockenturms neben der Trauerhalle aufgeführt wurde.

Bis es so weit ist, werden noch weitere Gelder zusammenkommen müssen. Und wer nicht bis zur nächsten Veranstaltung warten mag, kann gerne spenden: Konto Nr. 618 134 370 0 bei der Frankfurter Volksbank, BLZ 501 900 00.


11. Dezember 2012, Taunus Zeitung

Die doppelte Uraufführung

24-stimmiges Werk begeistert die Zuhörer in der Erlöserkirche
Wenn das Publikum sich als Zugabe das Werk selbst noch einmal wünscht, weiß der Komponist, dass er Großartiges vollbracht hat. So war am Sonntag nicht nur das Publikum beglückt. Auch der Komponist schwebte regelrecht in anderen Sphären.

Bad Homburg. Und wieder ertönten ganz neue Klänge in der Erlöserkirche – aus den Kehlen von vier Chören in einem Kirchenraum, der sich durch seine Anlage anbietet für derlei Klangerlebnisse. Unter dem Motto "Lux Divisa" stand das Programm und "Lux Divisa" war denn auch der absolute Höhepunkt des Konzerts, auf den die Besucher am Sonntag bis ganz zum Schluss warten mussten: Ein Auftragswerk von Graham Lack, dem 1954 in England geborenen und seit 30 Jahren in München lebenden Komponisten.

Der Schöpfungstext ist zugrunde gelegt: ". . . und Gott teilte das Licht von der Finsternis." In drei Klangflächen – Dunkel, Trennung, Licht – ist das Werk gehalten. Die aus der Tiefe aufsteigenden Klanglinien stehen für das Licht, sind in der Art des Kanons sehr eng geführt – nur um einen Viertelton versetzt – und bauen mit einem Akkord auf die lydische Skala auf, das ist eine der vier alten Kirchentonarten.

Der Komponist war selbst vielleicht am meisten gespannt, denn er konnte sein 24-stimmiges Werk bei diesem Konzert zum ersten Mal selbst hören, bis jetzt lebte es nur in seiner inneren Klangwelt. Auf der Orgelempore standen zwei Chöre, auf beiden Seiten je einer. Mitwirkende waren das Collegium Vocale Bad Homburg (Helmut Föller), "d’aChor" aus Dreieich (Martin Winkler), "enChore" aus Oberursel (Martin Winkler) und der Kammerchor der Erlöserkirche (Susanne Rohn).

Das Klangerlebnis lässt sich nicht in Worte fassen, war mehrdimensional, die Musik kam von allen Seiten, hüllte die Hörer nicht nur ein, sondern nahm diese ganz gefangen und trug sie mit sich fort. Die Zuhörer wünschten sich als Zugabe nichts anderes, als dieses Werk gleich noch einmal zu hören, bekamen den Wunsch erfüllt, Martin Winkler dirigierte die vier Chöre noch einmal und so erlebte man diese Uraufführung als vollen, absolut überzeugenden Erfolg. Dass Kenner im Konzert saßen, war schon zu Beginn erkennbar, als das Publikum aus "Paulus" von Mendelssohn Bartholdy (1809-1847) "Wachet auf, ruft uns die Stimme" singen durfte und der vierstimmige Satz sofort klangvoll im Raum stand, auch als Vorgeschmack auf die beiden bevorstehenden Aufführungen des gesamten "Paulus".

Beeindruckend waren auch die Werke von Joseph Gabriel Rheinberger (1839-1901) für fünf Solostimmen, vom Vokalquintett "Enchanted" rein intoniert und sehr eindringlich gesungen. Neben einem weiteren Chor aus "Paulus", "Ich danke dir", gab es ebenfalls von Mendelssohn Bartholdy aus dem 1. Streichquartett Es-Dur, op. 12, den ersten und zweiten Satz, gespielt vom "Quadriga"-Streichquartett Mannheim. Weitere Kompositionen von Graham Lack, der sich durch viele Auftragswerke und Aufführungen im In- und europäischen Ausland nebst Radioübertragungen längst einen Namen gemacht hat, rundeten das Programm ab. Innig interpretiert von "Quadriga" ein Streichquartett, "Conceit" und "On Love" für sechs Solostimmen, "Enchanted" durch Susanne Rohn als Alt erweitert, überzeugten das Publikum ebenso wie "The Legend Of Saint Wite" für Streicher, Sopran solo und Frauenchor. Wieder einmal bedankte sich das Publikum laut für ein besonderes Konzert. (gai)


2. Oktober 2012, Taunus Zeitung

Kammerchor lässt den Streit toben

. . und führt ihn zu einem guten Ende: Beeindruckendes Michaeli-Konzert in der Erlöserkirche

Wer am Sonntag in der Erlöserkirche war, erfuhr, was Barockmusik auf historischen Instrumenten bedeutet und welche Atmosphäre Susanne Rohn mit ihrem Kammerchor zu entwickeln in der Lage ist.

Von Brigitte Gaiser

Bad Homburg. "Es erhub sich ein Streit", Eingangsverse aus dem 12. Kapitel der Offenbarung, waren die Worte für die Eingangs- und die Schlussmusik des Konzerts am Sonntagabend und ebenso die Anknüpfung an das Michaeli-Konzert im vergangenen Jahr, welches der Kammerchor der Erlöserkirche mit der Vertonung von Johann Christoph Bach (1642–1703) ausklingen ließ. Etwas mehr als "à 22 Stimmen" dürften es wohl gewesen sein.

Nach dem ruhigen, dann tänzerischen Vorspiel kommen die Pauken hinzu und dann alle vier Trompeten und mit zwei Bässen (Markus Flaig und Wolfgang Weiß) geht der Streit los mit einem kanonisch eng geführten Thema, das vom Chor, durch alle Stimmen ebenso eng geführt, übernommen und zum Getümmel gesteigert wird. Der Chor ließ den Streit mit allem Einsatz toben und führte ihn schließlich, dem Text folgend, zum guten Ende. Und wieder auf den Text "Es erhub sich ein Streit" hatte Johann Sebastian Bach (1685–1750) seine Kantate BWV 19 für Soli, vierstimmigen Chor und Instrumente 1729 komponiert und im selben Jahr zu Michaeli aufgeführt.

Folgte der Oheim weitgehend dem Text, komponierte der Neffe nach der freien Dichtung seines Freundes Picander. Das großartige Werk wurde in absolut überzeugender und ergreifender Weise von den Solisten (Heike Heilmann und Simone Schwark, Sopran; Rüdiger Ballhorn, Tenor; Markus Flaig und Wolfgang Weiß, Bass), dem Chor und der Begleitung durch das Johann Rosenmüller Ensemble auf historischen Instrumenten dargeboten. Besonders beeindruckend erklang die Tenorarie, bei der die Instrumente komplizierte Passagen zu spielen haben, während der Tenor unentwegt seine Girlanden darumschlingt und die Solotrompete (Friedemann Immer), ohne Ventile wie im Barock üblich, in strahlend reinen Tönen den Choral "Herzlich lieb hab ich dich, o Herr" darüber setzt.

Im Mittelteil des Konzerts war von Melchior Franck (1580–1639) eine Motette zu hören, gefolgt von der Kantate "Ich halte aber dafür" (TWV 1:840) von Georg Philipp Telemann (1681–1767). Zur Bassarie spielte Arno Paduch, der Leiter des Rosenmüller Ensembles, den selten zu hörenden Zink mit wunderbar weichen und doch strahlenden Tönen. Für Doppelchor und Instrumente gab es von Johann Sebastian Bach den besonders anspruchsvollen Chorsatz "Nun ist das Heil und die Kraft" (BWV 50), den der Chor ebenso bravourös bewältigte wie auch die Kantate "Es wartet alles auf Dich" (BWV 187) zusammen mit den Solisten.

Ein wahrlich beeindruckendes Konzert hat Susanne Rohn, die in bekannter Art – prägnant, souverän und voll Enthusiasmus – das Geschehen bestimmte, mit ihren Sängern, allesamt Laien von sehr hohem Niveau, nach kurzer Probenzeit wieder auf die Beine gestellt. Und dass sämtliche Solisten und Musiker sehr gerne hier musizieren, war deutlich zu spüren. Der Beifall war denn auch überwältigend und wollte kein Ende nehmen. Ein besonderer Dank gilt auch Prof. Dr. Andreas Barckow, mit dessen großzügiger Spende das Konzert ermöglicht wurde.
 


28. August 2012, Taunus Zeitung

Die Brückenbauer

Der Kammerchor der Erlöserkirche lässt jüdische Chormusik erklingen

Wenn der Kammerchor der Erlöserkirche sein Können präsentiert, dann erfüllt sich die Kirche mit einer ganz besonderen Atmosphäre. Das Chorkonzert am vergangenen Sonntag stellte dies erneut eindrucksvoll unter Beweis.
Von Jan O. Deiters

Bad Homburg. Zwar lautete das Thema "Jüdische Chormusik", aber das Spektrum wurde weit gefasst. So waren nicht nur jüdische Komponisten zu hören, sondern auch solche, die sich der jüdischen Musikkultur verbunden fühlten. Unter der Leitung der Kantorin Susanne Rohn führte der Kammerchor der Erlöserkirche Werke aus der Zeit des Barock, der Romantik und der Moderne zu Gehör. Eingeladen hatte die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit und der Verein zur Förderung der Kirchenmusik an der Erlöserkirche.

Das Hauptaugenmerk des klangewaltigen Konzertes lag vor allem auf den Brückenbauern zwischen jüdischer und christlicher Sakralmusik. Byörgy Ligeti (1923 bis 2006) beispielsweise gilt als einer der bedeutenden Komponisten des 20. Jahrhunderts. Vater und Bruder kamen im KZ ums Leben, dennoch lebte Ligeti lange Zeit in Deutschland. Von ihm waren zwei Etüden für Orgel zu hören, die 1967 entstanden sind.

Franz Schubert (1797 bis 1828) schrieb in seinem letzten Lebensjahr eine hebräischsprachige Psalmvertonung als Auftragskomposition für die Wiener Synagoge. Der Psalm 23 für Frauenchor erklang von der Empore. Generell hervorzuheben sind die Leistungen der jeweiligen Solisten.
 

Christliches Meisterwerk

Felix Mendelssohn Bartholdy (1809 bis 1847) war als Siebenjähriger zum Protestanten getauft worden, schuf aber aus seinem jüdischen Hintergrund heraus christliche Meisterwerke. Das "Allegro maestoso e vivace" aus seiner zweiten Orgelsonate kam bei der 900-Jahr-Feier der Synagoge Worms 1934 zur Aufführung. Genau dieser dritte Satz seiner Sonate c-Moll op. 65 Nr. 2 erfüllte mit einem gewaltigen Orgelklang die Kirche.

Drei von Louis Lewandowski (1821 bis 1894) vertonte Psalme sind ein Musterbeispiel für dessen Kompositionen. Er gilt als einer der bekanntesten Komponisten des Reformjudentums und steht musikalisch ganz in der Tradition von Mendelssohn und Rheinberger. Von 1864 an wirkte Lewandowski als Chorleiter in der neuen Synagoge an der Oranienburger Straße in Berlin. Mit einer großen Orgel, die er dort 1866 erhielt, eröffnete sich für ihn eine völlig neue Gestaltung der jüdischen Sakralmusik. Salomone Rossi lebte in der Zeit der italienischen Barockmusik von etwa 1570 bis 1630. Seine im Madrigalstil vertonten Gebete in hebräischer Sprache wurden allerdings von der jüdischen Gemeinde als zu fortschrittlich kritisiert. Sie sind die wahrscheinlich ältesten mehrstimmigen Vertonungen biblischer Texte und damit ein Vorläufer der Reformbewegung.

Der amerikanische Komponist Aaron Copland komponierte die vier zu Gehör gebrachten Motetten in englischer Sprache. Es sind Bet- und Lobgesänge, die auf biblischen Texten fußen. Einer dieser Texte ist beispielsweise "Schalom alejchem", ein Sabbatlied, das am Freitagabend gesungen wird. Vermutlich stammt es aus dem 17. Jahrhundert.

Insgesamt war es ein sehr abwechslungsreiches Programm, das dem Zuhörer gar nicht so fremd erschien, wie manch einer vorab vielleicht vermutet hatte. Letztlich gehen die Inhalte und die Traditionen bis in biblische Zeiten zurück – und bilden damit die Grundlage für unsere sakral-musikalische Kultur.



16. August 2012, Wetterauer Zeitung

Auf Zeitreise zurück in die Renaissance

Kammerchor Bad Homburg setzt den Schlusspunkt hinter die Sommerkonzerte in der Stadtkirche

Friedberg (cor). Mit einem musikalischen Höhepunkt ist in der Stadtkirche die Sommerkonzertreihe zu einem klangvollen Abschluss gekommen. Das sechste und letzte Konzert gestaltete der Bad Homburger Kammerchor, der sich dem einladenden Motto "Chormusik der Renaissance" verschrieben hatte. "Mit dem heutigen Konzert werden Grenzen überschritten", so Ulrich Seeger in seiner Begrüßung. Kantor Seeger wirkt seit 1995 als Dekanatskirchenmusiker an der Stadtkirche Friedberg und im Dekanat Wetterau und ist für die Organisation der Kirchenkonzerte zuständig. Dass die evangelische Gemeinde den bekannten Kammerchor der Erlöserkirche für das letzte Konzert gewinnen konnte, erfreue besonders.

Dieser entführte sein Publikum auf eine musikalische Zeitreise zurück zur Renaissance. Unter der Leitung von Kantorin Susanne Rohn präsentierte der Kammerchor, der aus etwa 40 Sängerinnen und Sängern des Bachchors der Erlöserkirche besteht, Chor- und Orgelwerke, die sich quer durch die europäische Renaissance zogen. Auf seiner Reise durch Europa machte der Chor in vielen Ländern Halt.

Sein Konzert eröffnete das Ensemble mit dem "Ave Maria" von Josquin Desprez. Nach Franko-Flämischem Gesang zog sich der musikalische Faden hin zur Reformation in Deutschland. Weitere Stationen der Renaissance repräsentierten Meisterwerke aus Spanien, Frankreich, England und Venedig. Als vier- und bis zu sechsstimmiger Chor beeindruckten die Sängerinnen und Sänger mit umfangreichem Repertoire, welches Werke von Jacobus Clemens non Papa, Giovanni Pierluigi da Palestrina, Johann Eccard, Heinrich Scheidemann oder Orlando die Lasso beinhaltete. Begleitet wurden diese von Hanno Lotz an der Continuo-Orgel.

Seit Anfang 1998 steht der Kammerchor unter der Leitung von Susanne Rohn. Konzertreisen haben das Ensemble bereits in viele deutsche Städte sowie fast überall hin in Europa geführt. Er gewann 1989 den Hessischen Chorwettbewerb in der Sonderkategorie, wurde 1990 beim deutschen Chorwettbewerb bester kirchlicher Chor und setzte sich 2005 an die Spitze beim Chorwettbewerb Falkenstein. Zu seinem Repertoire gehören A-cappella-Literatur, Werke mit kammermusikalischer Begleitung und Werke der Neuen Musik. Davon ließen sich auch die Zuhörer nur zu gern überzeugen. Mit großem Beifall verabschiedete das Publikum den Gastchor zum Abschluss von der Bühne.


21. Juni 2012, Taunus Zeitung

Auf der Spielweise der Mehrstimmigkeit

Musikalischer Höhepunkt des Studiums Generale in der Erlöserkirche – Kammerchor präsentiert Musik der Renaissance

Die Komponisten Jacobus Clemens von Papa, Johann Eccard oder Thomas Tallis sind kaum bekannt. Musik der Renaissance ist nicht eben alltäglich, doch die erste mehrstimmige Kunstmusik, die uns "normal" vorkommt. Ein seltenes Konzert in der Erlöserkirche.

Bad Homburg. In der Renaissance war die Mehrstimmigkeit noch jung, frisch und unverbraucht. Die ersten Stücke des Konzerts mit "Musik der Renaissance", das einen musikalischen Höhepunkt im Rahmen des Studiums Generale zum Thema Renaissance der Volkshochschule bildet, wurden vom Klerus gesungen. So versteckt sich der Kammerchor der Erlöserkirche zunächst in der Taufkapelle in der Apsis und ist vornehmlich zu hören, nicht aber zu sehen. Feierlich und sehnsuchtsvoll klingen das vierstimmige "Ave Maria" von Josquin Desprez (1450/55 bis 1521); auch der sechsstimmige Gesang von Jacobus Clemens von Papa (1525 bis 1594) und mit noch einer Stimme mehr das "Agnus Dei" von Giovanni Pierluigi da Palestrina.

Etwa die Hälfte des Publikums sind Teilnehmer des Studiums Generale der VHS, die der Musik mit geschultem Gehör und beträchtlichem Wissen folgen können. Mit einem Vortrag von satten zehn Seiten samt Musikbeispielen waren sie von Chorleiterin und Organistin Susanne Rohn eingeführt worden in eine musikalische Epoche, die in Konzertsälen und im Radio nur selten zu hören ist. Die Musikwissenschaftlerin preist die Frühzeit der Musik als "Spielwiese der Mehrstimmigkeit". Sie nennt die Quintessenz: "Wir genießen die Mehrstimmigkeit, die Harmonie, den Wohlklang und die Kunst der Polyphonie in vollen Zügen. Wir wissen, dass, wenn wir die Regeln beachten, Schönheit pur entsteht."

Ausdrucksvoll, aufregend

Die Renaissance hat sich über 200 Jahre langsam entwickelt. Schon das Barock dauert nur noch 150 Jahre, die Klassik 75 Jahre. Die Mehrstimmigkeit und die Entwicklung der Notenschrift seien die großen Errungenschaften des Abendlandes, die auf der um 900 in Essen geschriebenen Musica enchiriadis basierten, einem Lehrbuch dafür, wie man den einstimmigen gregorianischen Choral mehrstimmig singen könne.

Mehrfach wird der vorzüglich eingestimmte Chor an diesem Abend wandern. Im Altarraum erklingen Luthers "Ein’ feste Burg ist unser Gott" aus dem frühen 16. Jahrhundert und Gesänge aus Spanien und England, ein französischer Rundtanz, ein Tourdion aus Frankreich und italienische Madrigale der Chromatik, welche die Tonleiter um wirkungsvolle Halbtonstufen erweitert und enorme Dramatik erzeugt. Erhebend Melodie und Text des Liedes von John Dowland "Fließet, meine Tränen", rein und ausdrucksvoll gesungen von der Sopranistin Johanna Krell.

Von der Empore erklingt Rohn mit der "Chromatischen Fantasie" für Orgel von Jan Pieterszoon Sweelinck (1562 bis 1621), einem Stück, das die Organistin als aufregend bezeichnet, "weil wir über 400 Jahre hinweg mit dieser Musik verbunden sind. Diese Komposition ist nicht weniger aufregend als eine Symphonie von Mahler oder Bruckner". Von vier vierstimmigen Chören umringt, ist das Publikum beim finalen Stück von Giovanni Gabrieli aus dem 17. Jahrhundert gleichsam in Gesang gebettet. Großer Beifall für diese gelungene Darbietung wunderbarer Musik.mad (mad)



6. März 2012, Taunus Zeitung

Schatzgräberin Susanne Rohn

Anlässlich des Weltfrauentages wurden am Samstagabend in der Erlöserkirche Werke einer heutzutage unbekannten Schülerin Joseph Haydns aufgeführt.

Bad Homburg. Kaum jemandem dürfte Marianna von Martines heutzutage bekannt sein. Doch zu ihrer Zeit – sie lebte von 1744 bis 1812, vermutlich ausschließlich in Wien, wo ihr Vater Zeremonienmeister des apostolischen Nuntius war – galt sie als beachtete Künstlerin in Musikerkreisen.

Ihr erstes musikalisches Rüstzeug erhielt sie von keinem geringeren als Joseph Haydn. Und man möchte sagen, die Wiener Gesellschaft erkannte, was gut ist! Darum ist es völlig unverständlich, warum sie mit ihren Werken so gänzlich in Vergessenheit geraten konnte, zumal – man lese und staune – einige ihrer Werke bereits zu ihren Lebzeiten gedruckt worden waren.
 

Die Vollkommene

Verbrieft sind die großartigen Fähigkeiten von Martines durch den zeitgenössischen Musikgelehrten Charles Burney, der ihr 1772 begegnete und sie in seinem "Tagebuch einer musikalischen Reise" als die "vollkommenste Sängerin . . ., die ich jemals gehört hatte", beschrieb. Mit höchsten Ehren ausgezeichnet wurde sie bereits ein Jahr später, als sie als erste Frau in die Accademia Filarmonica in Bologna aufgenommen wurde. Susanne Rohn ist ein weiteres Mal gelungen, einen Schatz mit Seltenheitswert auszugraben. Sie setzte damit die Reihe ihrer interessanten Konzerte fort. 

Mit dem Kammerchor der Erlöserkirche, dem Collegium Vocale Bad Homburg unter Leitung von Helmut Föller und dem Barockorchester L’Arpa festante unter ihrer Leitung gab sie einen Einblick in die vielfältige Arbeit der Marianna von Martines. Dazu konnte Rohn als Solisten Annegret Schönbeck (Sopran), Johanna Krell (Alt), Rolf Ehlers (Tenor) und Wolfgang Weiß (Bass) gewinnen. 

Nach der Ouvertüre mit drei Sätzen zum Oratorium "Isacco" (1781) erklang das Cembalokonzert E-Dur (1766), meisterhaft gespielt von Nicoleta Paraschivescu, deren Konzerttätigkeit sich auf viele europäische Länder erstreckt und ihr internationale Preise eingetragen hat. Auf das Miserere (1768) nach Psalm 50 (51) für Chor, Soli und Basso continuo folgte die Sinfonie in C (1770). Mit Dixit Dominus (1774), einem Werk für Chor, Soli und Orchester nach Psalm 110, endete das Konzert.

Alle Besucher waren hellauf begeistert von der großartigen Aufführung, die von allen Mitwirkenden gleichermaßen engagiert und professionell getragen war. Die Musik, melodisch, heiter und beschwingt, ernst auch und konzentriert in der Führung der Fugen, ist eine Bereicherung und seit kurzem auf CD im Handel erhältlich.

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